USA müssen tief verankerte Missstände angehen, um Geschichte von Rassismus und Gewalt zu bewältigen

Proteste in USA gegen Rassismus

Stimmen, die ein Ende des „endemischen und strukturellen Rassismus, der die US-Gesellschaft vernichtet“ fordern, müssen gehört und verstanden werden, damit das Land seine „tragische Geschichte von Rassismus und Gewalt“ hinter sich lassen kann, sagte die UN-Menschenrechtschefin am Mittwoch.

„Die Stimmen, die ein Ende der Morde an unbewaffneten Afroamerikanern fordern, müssen gehört werden“, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet in einer Erklärung. „Die Stimmen, die ein Ende der Polizeigewalt fordern, müssen gehört werden.“

Die ersten Proteste brachen am 25. Mai aus, nachdem Videoaufnahmen in sozialen Medien verbreitet wurden, auf denen ein weißer Polizeibeamter in der Stadt Minneapolis mehr als acht Minuten lang auf dem Hals des 46-jährigen Afroamerikaners George Floyd kniete und seinen Tod verursachte, während er sich in Polizeigewahrsam befand.

In der vergangenen Woche sind seither Zehntausende von Demonstranten in mehr als 300 US-Städten sowie in anderen großen urbanen Zentren der Welt auf die Straße gegangen, um sich an meist friedlichen Protesten zu beteiligen, die zu Rassengerechtigkeit aufriefen. Oft fanden in chaotische Szenen auch Plünderungen, Blutvergießen und gewaltsame Polizeitaktiken statt.

Zu jeder Zeit, aber besonders während einer Krise, „braucht ein Land eine gute Führung, um Rassismus unmissverständlich zu verurteilen“, unterstrich Frau Bachelet.

Sie fuhr fort, dass die Verantwortlichen auch „darüber nachdenken müssen, was die Menschen zum Siedepunkt gebracht hat; zuhören und lernen müssen; und Maßnahmen ergreifen müssen, die Ungleichheiten wirklich zu bekämpfen“.

Journalisten zwischen Demonstranten und Polizei gefangen

Glaubwürdige Nachrichtenberichte haben unnötige und unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch Strafverfolgungsbeamte aufgedeckt, einschließlich des wahllosen Einsatzes von weniger tödlichen Waffen und Munition, sagte Frau Bachelet.

Tränengas, Gummigeschosse und Pfefferkugeln wurden auf friedliche Demonstranten und Journalisten abgefeuert, sogar in einigen Fällen, als sie sich eindeutig zurückzogen.

Nach Angaben des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen (OHCHR) gab es mindestens 200 Fälle, in denen Journalisten, die über die Proteste berichteten, trotz deutlich sichtbarer Presseausweise körperlich angegriffen, eingeschüchtert oder willkürlich verhaftet wurden.

„Das ist umso schockierender, als dass die Meinungs- und Medienfreiheit in den USA grundlegende Prinzipien sind, die für die Identität des Landes von zentraler Bedeutung sind“, sagte Bachelet. „Ich fordere die Behörden auf allen Ebenen auf, dafür zu sorgen, dass die Botschaft klar verstanden wird – Reporter müssen in der Lage sein, ihre wichtige Arbeit frei von Angriffen oder Repressionen zu verrichten“.

Die Gewalt eindämmen

Angesichts der Verletzungen und Todesfälle, die sowohl bei den Demonstranten als auch bei der Polizei zu beklagen waren, wiederholte die Hohe Kommissarin ihre Aufrufe an die Demonstranten, ihre Forderungen nach Gerechtigkeit friedlich zum Ausdruck zu bringen, und an die Polizei, „mit äußerster Vorsicht vorzugehen, um die Situation nicht anzuheizen“.

„Gewalt, Plünderungen und die Zerstörung von Eigentum und Nachbarschaften werden das Problem der Polizeibrutalität und der tief verwurzelten Diskriminierung nicht lösen“, sagte sie und forderte unabhängige und transparente Untersuchungen.

Frau Bachelet äußerte sich auch besorgt über Äußerungen, die Demonstranten als Terroristen abstempeln oder friedliche Demonstrationen delegitimieren: „Es kann keinen Zweifel daran geben, was oder wer hinter diesen Protesten steckt“.

Sie verwies auf die „Abertausende von friedlichen Demonstranten“ sowie auf Polizeibeamte und Truppen der Nationalgarde, die ohne Gewaltanwendung reagiert und Zurückhaltung geübt hätten.

Zyklus der Straflosigkeit durchbrechen

Die jüngt ausgebrochene Wut in den USA, als COVID-19 eklatante Ungleichheiten in der Gesellschaft aufdeckte und mehr als 100.000 Menschen ihr Leben verloren, veranschaulicht, warum „weitreichende Reformen und ein inklusiver Dialog notwendig sind“, um den Kreislauf der Straflosigkeit für unrechtmäßige Polizeitötungen und rassistische Voreingenommenheit in der Polizeiarbeit zu durchbrechen, bestätigte die Hohe Kommissarin.

Darüber hinaus beharrte sie auf der Notwendigkeit einer „tiefgreifenden Untersuchung“ weitreichender Themen, einschließlich sozioökonomischer Faktoren und tief verwurzelter Diskriminierung.

„Um voranzukommen“, so Bachelet abschließend, „müssen die Gemeinschaften in der Lage sein, an der Gestaltung von Entscheidungen, die sie betreffen, mitzuwirken und ihre Beschwerden vorzutragen“.