Auf der Zielgeraden zur Klimakonferenz in Kyoto

UNIC/76

BONN, 31. Oktober (UNFCCC) — Delegierte aus 142 Ländern verlassen heute Bonn mit einem überarbeiteten Textentwurf für ein neues Übereinkommen zur Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen, das von der Klimakonferenz in Kyoto verabschiedet werden soll. Die abschließenden Vorbereitungsgespräche werden am 30. November, am Vorabend der vom 1. – 10. Dezember stattfindenden Kyoto-Konferenz, noch einmal aufgenommen, um weitere Fortschritte in den Text einzuarbeiten, die möglicherweise noch im Laufe der nächsten vier Wochen in bilateralen und anderen Treffen erzielt werden.

„Der Text, den ich zu dieser Tagung gebracht habe, war als Kompromißtext angesehen worden. Aber jetzt wurden viele der unterschiedlichen Ansichten zu allen Aspekten dieser Frage neuerlich zur Sprache gebracht“, erklärte Botschafter Ra™l Estrada-Oyuela (Argentinien), der Vorsitzende der Verhandlungen. „Wir haben daher jetzt einen Text, der vollständig ist, der aber noch immer ein ganzes Mosaik unterschiedlicher Positionen enthält.“

Das Übereinkommen von Kyoto soll die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen durch die Einführung rechtsverbindlicher Verpflichtungen der Industriestaaten zur Absenkung ihres Ausstoßes von Treibhausgasen bis etwa zum Jahr 2010 stärken. Zu Beginn der Bonner Tagung haben die Vereinigten Staaten und die “Gruppe der 77“ und China (die Entwicklungsländer) in der vergangenen Woche erstmals ihre eigenen Vorschläge für Ziele und Zeithorizonte unterbreitet.

Der von Präsident Bill Clinton angekündigte US-Vorschlag fordert eine Absenkung des Ausstoßes von allen Treibhausgasen in den Industriestaaten auf das Niveau von 1990, die bis 2008-2012 (als Durchschnittswert dieser Jahre) erreicht werden soll. In den fünf darauffolgenden Jahren sollen die Treibhausgasemissionen nach dem amerikanischen Vorschlag unter die Werte von 1990 abgesenkt werden. Die “Gruppe der 77“ schlägt vor, daß die Industriestaaten ihren Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2005 um 7,5 %, bis 2015 um 15% und bis 2020 um 35% unter die Werte von 1990 reduzieren sollen. Die „Gruppe der 77“ fordert auch einen Kompensationsfonds, dessen Mittel jenen Entwicklungsländern zugute kommen sollen, die durch Klimaänderungen oder durch wirtschaftliche Maßnahmen der Industriestaaten zur Bekämpfung des Klimawandels Nachteile erleiden.

Diese neuen Vorschläge liegen jetzt zusammen mit den anderen Optionen auf dem Verhandlungstisch lagen: Die Europäische Union hatte vorgeschlagen, die Emission von Kohlendioxid, Methan und Lachgas bis 2005 um 7,5% und bis 2010 um 15% abzusenken. Japan, das als Gastgeberregierung der Konferenz in Kyoto eine zentrale Rolle bei der Konsensfindung spielt, hat die Reduzierung des Treibhausgasausstoßes um 5% in der Zeit von 2008 bis 2012 vorgeschlagen; allerdings würde der japanische Vorschlag einzelnen Staaten erlauben, ihr Reduktionsziel auch niedriger anzusetzen. Die Mitglieder der Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS), die von einem Anstieg des Meeresspiegels besonders bedroht sind, wollen eine Reduktion um 20% bis zum Jahr 2005. All diese Vorschläge beziehen sich auf das Niveau von 1990.

„In den nächsten paar Wochen müssen die entscheidenden Akteure ihre Optionen überprüfen, damit sie mit einer flexibleren Haltung nach Kyoto kommen können, selbst wenn das bedeutet, daß wir schließlich ein Übereinkommen haben werden, das nicht auf ein einziges Ziel ausgerichtet ist, sondern unterschiedliche Ziele für jedes Land festlegt“, betont Michael Zammit Cutajar, Exekutivsekretär der UNO-Klimarahmenkonvention.

In den vergangenen zwei Wochen haben die Verhandlungsführer die verschiedenen Vorschläge sowie einige eng damit in Zusammenhang stehende konkrete Fragen der Umsetzung der Ziele und Zeithorizonte eingehend erörtert. Dabei ging es um:

* Differenzierung: Die Frage, ob für alle Industriestaaten das gleiche Ziel gelten oder ob es individuelle Ziele geben soll, die den jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten des betreffenden Landes entsprechen, trat nach der Vorlage der Vorschläge der Vereinigten Staaten und der “Gruppe der 77“ wieder in den Vordergrund. Die Russische Föderation hat vorgeschlagen, daß sich jedes Land zur Einhaltung seines eigenen Zielvorschlags verpflichtet. Damit könnte bis zum Jahr 2010 eine Gesamtreduktion von 3% unter den Werten von 1990 erzielt werden. Diskutiert wurde auch die “Blase“ der EU, die den einzelnen Unionsmitgliedern intern unterschiedliche Ziele einräumen soll.

* Flexibilität: Kein Einvernehmen wurde darüber erzielt, ob es den Regierungen erlaubt sein soll, Emissionsquoten miteinander zu handeln, sich in anderen Ländern erzielte Emissionsreduktionen anzurechnen, Gutschriften für künftige Reduktionsschritte bei Zielüberschreitungen in einer laufenden Periode zu erhalten, oder gegen Strafzahlung Anleihen im Vorgriff auf die nächste Reduktionsstufe zu machen, falls das Ziel verfehlt wurde.

* Richtlinien und Maßnahmen: Die Europäische Union bevorzugt verbindliche Richtlinien und Maßnahmen in Verbindung mit Konsultationen zur Koordinierung der Umsetzung. Andere Industriestaaten sind gegen verbindliche Regelungen. Die Entwicklungsländer wiederum sind besonders daran interessiert, daß sich die Maßnahmen der Industriestaaten nicht negativ auf ihre Wirtschaft auswirken.

Die Ad-hoc-Gruppe zum Berliner Mandat wird die Ergebnisse ihrer Arbeit und den Textentwurf an die Konferenz der Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention weiterleiten, die in der Zeit vom 1. – 10. Dezember 1997 im Kyoto zu ihrer dritten Tagung zusammentritt. An der Bonner Vorbereitungsrunde nahmen 700 Delegierte und 570 Beobachter teil. Zur Konferenz in Kyoto werden mehrere tausend Teilnehmer erwartet.

In der Klimarahmenkonvention waren die Industriestaaten übereingekommen, Maßnahmen zu ergreifen, um bis zum Jahr 2000 ihren Ausstoß an Treibhausgasen wieder auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz 1995 in Berlin hat die internationale Staatengemeinschaft erkannt, daß schärfere Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr einer Klimaveränderung zu verringern. Dazu wurde die Ad-hoc-Gruppe zum Berliner Mandat (AGBM) mit dem Auftrag eingesetzt, neue Verpflichtungen der Industriestaaten für die Zeit nach dem Jahr 2000 auszuarbeiten. Außerdem soll die Arbeitsgruppe die Umsetzung der bestehenden Verpflichtungen sowohl seitens der Industriestaaten als auch der Entwicklungsländer fördern.

Die Konvention wurde auf dem Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro zur Unterschrift aufgelegt und trat am 21. März 1994 in Kraft. Sie wurde bisher von rund 170 Ländern ratifiziert. Die Vertragsverhandlungen standen maßgeblich unter dem Einfluß der wissenschaftlichen Feststellungen des Zwischenstaatlichen Rates für Klimawandel (IPCC), eines internationalen Netzwerkes von vielen tausend Wissenschaftlern und technischen Experten, das unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) steht.

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WEITERE INFORMATIONEN: Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Michael Williams, Informationsstelle für Umweltkonventionen, heute noch in Bonn unter (+49-228) 7222 325/349 oder (+41-79) 4091528 (Mobiltelefon); bzw. Ab Montag in Genf, Tel.: (+41-22) 979 9242/44; Fax: (+41-22) 797 3464: e-mail: [email protected].  In Fragen der Presse-Akkreditierung für die Kyoto-Konferenz wenden Sie sich bitte an das Informationszentrum der Vereinten Nationen in Bonn, Tel.: (+49-228) 815 2770: Fax: (+49-228) 815 2777 oder (+49-228) 815 1999; e-mail: [email protected]. Offizielle Dokumente und anderes Informationsmaterial sind in englischer Sprache auch im Internet unter http://www.unfccc.de zu finden.