Bonner Gespräche sollen ersten Verhandlungstext eines neuen Klima-Übereinkommens bringen

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BONN, 14. Februar 1997 (UNO-Klimasekretariat) – Regierungsvertreter aus 150 Ländern sollen Ende Februar/Anfang März in Bonn einen Verhandlungstext für ein neues internationales Abkommen ausarbeiten, in dem sich die Industriestaaten zu einer weiteren Senkung ihrer Treibhausgasemissionen in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts verpflichten. Die Verhandlungen finden vom 24. Februar bis zum 7. März in der Stadthalle von Bad Godesberg statt.

Vom 25. – 28. Februar tagen die Nebenorgane der Klimarahmenkonvention für Durch-führungsmaßnahmen (SBI), für wissenschaftliche und technische Untersuchungen (SBSTA) und für die Förderung der Konventionsumsetzung (Ad-hoc-Gruppe nach Artikel 13 der Konvention, AG13). Die Gespräche der Ad-hoc-Gruppe zum Berliner Mandat (AGBM) über strengere Emissionskontrollen finden in der zweiten Woche vom 3. – 7. März statt.

In der Klimarahmenkonvention haben sich die Industriestaaten dazu verpflichtet, Maß-nahmen zu ergreifen, um bis zum Jahr 2000 ihren Ausstoß an Treibhausgasen wieder auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz 1995 in Berlin haben die Regierungen festgestellt, daß schärfere Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr einer Klimaveränderung zu verringern. Die Vertragsstaaten haben daher die Arbeitsgruppe zum Berliner Mandat eingesetzt, die neue Verpflichtungen der Industriestaaten für die Zeit nach dem Jahr 2000 ausarbeiten soll.

Auf der fünften Tagung der Arbeitsgruppe, die im vergangenen Dezember in Genf stattfand, wurde der Vorsitzende der Gruppe, Raul Estrada-Oyuela (Argentinien), von den Delegierten ersucht, auf der Grundlage von rund zwei Dutzend verschiedener Positionspapiere eine Übersicht über die Vorschläge zu erstellen. Dieses 88 Seiten starke Dokument (FCCC/ AGBM/1997/2) liegt nunmehr den Delegierten der Bonner Tagung vor, die daraus bis zum 7. März einen konkreten Verhandlungstext erarbeiten sollen.

Der Entwurf eines Protokolls oder eines anderen Rechtsinstrumentes wird bis zum 1. Juni 1997 – also sechs Monate vor der geplanten Verabschiedung durch die dritte Konferenz der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention im Dezember in Kyoto – allen Regierungen in den sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen zugehen. Über den Text wird dann auf den nächsten Bonner Tagungen im August und Oktober intensiv weiter verhandelt werden.

Zur Diskussion stehen jetzt u.a. folgende Fragen:

  • Zeitpläne und Zielsetzungen der Emissionssenkungen. Eine Reihe von Regierungen (darunter einige Mitglieder der Europäischen Union) fordern eine 10prozentige Senkung des Kohlen-dioxydausstoßes bis zum Jahr 2005; einige Länder (wie die nur knapp über dem Meeresspiegel liegenden Inselstaaten) wollen eine noch weitergehende Senkung von 20 Prozent bis zum gleichen Zeitpunkt. Andere Staaten (darunter Australien, Japan, Kanada und die USA) vertreten die Ansicht, daß die Frist bis zum Jahr 2005 unrealistisch ist und schlagen Zielhorizonte für den Zeitraum zwischen 2010 und 2015 vor, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
  • Koordinierte oder flexible Politik. Einige Regierungen, vor allem Mitglieder der Europäischen Union, verweisen auf die Notwendigkeit einer international koordinierten Politik. Andere vertreten die Ansicht, daß es kostengünstiger wäre, jedem Staat zu ermöglichen, die für seine nationale Situation am besten geeigneten Richtlinien und Maßnahmen zu ergreifen.
  • Gemeinsame oder differenzierte Verpflichtungen. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob für alle Industriestaaten die gleichen Zielsetzungen und Fristen gelten sollen, oder ob es nicht fairer wäre, den einzelnen Ländern unterschiedliche Verpflichtungen aufzuerlegen, die aufgrund bestimmter Formeln (wie etwa Pro-Kopf-Quoten) errechnet werden könnten. Kritiker der differenzierten Verpflichtungen befürchten, daß dieses Verfahren zu viele technische und politische Probleme aufwirft.
  • Auswirkungen auf die Entwicklungsländer. Die Bonner Gespräche werden sich auch mit der Frage befassen, wie die Durchführung der bereits bestehenden Verpflichtungen durch alle Vertragsstaaten vorangebracht werden kann. Die aufgrund des Berliner Mandats zu entwickelnden neuen Verpflichtungen gelten nur für Industriestaaten. Einige Industriestaaten haben jedoch Vorschläge eingebracht, die es auch anderen Ländern ermöglichen würden, künftigen Übereinkommen freiwillig beizutreten. Inzwischen hat auch eine Reihe von Entwicklungsländern den Wunsch geäußert, daß auch die Auswirkungen des neuen Abkommens auf Handel und Wirtschaft der Länder der Dritten Welt erörtert werden sollen.

Neben der Arbeitsgruppe zum Berliner Mandat werden sich auch die anderen Unterausschüsse der Konvention mit einer Reihe von Fragen befassen, die für den Erfolg der Konvention von entscheidender Bedeutung sind. Das Nebenorgan für wissenschaftliche und technische Untersuchungen wird die Grundregeln für “gemeinsam durchgeführte Maßnahmen“ (Activities Implemented Jointly) prüfen (dabei handelt es sich um Investitionen, die von einem Land unternommen werden und in einem anderen zur Senkung des Schadstoffausstoßes führen). Außerdem soll der Bedarf der Entwicklungsländer an Technologie und technischer Information geprüft werden. Das Nebenorgan für Durchführungsmaßnahmen wird eine Studie durchführen, auf deren Grundlage die Vertragsstaaten die Aufgabe der Globalen Umweltfazilität (GEF) endgültig festlegen sollen. Die GEF operiert derzeit übergangsweise als Finanzierungsmechanismus der Konvention.

Die Verhandlungen über neue Emissionskontrollen aufgrund der Klimarahmenkonvention finden erstmals in Bonn statt. Mit der Übersiedlung des Sekretariats der Konvention in die Bundesstadt werden diese Gespräche jetzt regelmäßig hier abgehalten. Die nächsten Verhandlungsrunden sind für die Zeit vom 28. Juli bis 7. August und vom 20.- 31. Oktober 1997 geplant. Die dritte Konferenz der Vertragsstaaten soll im Zeitraum 1. – 12. Dezember in Kyoto, Japan stattfinden; das genaue Datum steht noch nicht fest.

Die Klimarahmenkonvention wurde 1992 auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro verab-schiedet und trat am 21. März 1994 in Kraft. Das Übereinkommen wurde bisher von 164 Staaten und der Europäischen Union ratifiziert. Die Vertragsverhandlungen gehen weitgehend auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Zwischenstaatlichen Rates für Klimaveränderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) zurück, eines internationalen Netzwerkes von tausenden Wissenschaftlern und anderen Experten, das vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) unterstützt wird.

Nach Ansicht des IPCC wird der gegenwärtige Trend bei den Treibhausgasemissionen innerhalb der nächsten hundert Jahre zu einer durchschnittlichen globalen Erwärmung um 1 bis 3,5 Grad Celsius führen. Als Folge davon könnte der Meeresspiegel um 15 bis 95 cm steigen; die Klimazonen könnten sich in den mittleren Breitegraden um 150 bis 550 km in Richtung der Pole verschieben. Wälder, Wüsten, Weideland und andere Ökosysteme, aber auch die Gesundheit und Einrichtungen der Infrastruktur würden vor neuen klimatischen Bedrohungen stehen.

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TERMINHINWEIS: Der Exekutivsekretär des UNO-Klimasekretariats, Michael Zammit Cutajar wird im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag, den 20. Februar 1997, um 11.00 Uhr, in der Stadthalle Bad Godesberg über den Stand der Verhandlungen und die Aufgaben der Bonner Tagung berichten.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Michael Williams, Informationsstelle für Umweltkonventionen in Genf, Tel.: (+41-22) 979 9242/44; Fax: (+41-22) 797 3464; e-mail: [email protected] oder während der Tagung in der Stadthalle Bad Godesberg.

PRESSE-AKKREDITIERUNG: In Fragen der Presse-Akkreditierung wenden Sie sich bitte an das Informationszentrum der Vereinten Nationen in Bonn, Tel: (0228) 815-2770; Fax: (0228) 815-2777; e-mail: [email protected].

Offizielle Dokumente der Tagung und anderes Material sind in englischer Sprache auch im Internet unter http://www.unfccc.de/ zu finden.