Das Programm für sicherere Städte

UNIC/125

Hintergrundinformationen zum Welt-Habitat-Tag

Verstädterung geht häufig mit einer Zunahme von Gewalt und Verbrechen in den Städten einher. In allen Entwicklungsländern haben sich Kleinkriminalität und Gewaltverbrechen stärker ausgebreitet. Diese Situation hat ein Gefühl der Unsicherheit hervorgerufen, hat einige arme Wohnviertel stigmatisiert und zu einem “Kriegszustand“ in einigen Slums und illegalen Siedlungen geführt. Aus diesem Grund fordern die armen Stadtbewohner in vielen großen Städten an erster Stelle Sicherheit.

Auch das organisierte Verbrechen hat zur weltweiten Globalisierung der Kriminalität beigetragen. Organisiertes Verbrechen und Wirtschaftskorruption haben einen bedeutenden Einfluß auf das Vertrauen der Gemeinschaft und des Einzelnen in öffentliche Institutionen. Eines der aktuellen Probleme ist die zunehmende Verbindung von Kapitalverbrechen und Kleinkriminalität. So nutzt das organisierte Verbrechen vermehrt junge Straftäter als billige Arbeitskräfte. Dieser Umstand kann zur Verfestigung einer Banden-Subkultur führen, die verstärkt im städtischen Umfeld heimisch wird.

Die Rolle der Städte bei der Verbrechensvorbeugung

Die herkömmliche Reaktion der Politik auf städtische Gewalt besteht darin, ausschließlich auf die Rolle der Polizei zu verweisen. Dies ist jedoch unzureichend, sofern die polizeilichen Maßnahmen nicht von Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt werden. Aus diesem Grund kommt den Stadtverwaltungen eine Schlüsselfunktion bei der Bildung von Koalitionen und der Entwicklung umfassender Planungsstrategien zu. Die Einbeziehung lokaler Behörden in die Verbrechensvorbeugung ist neu. Sie wurde von den Bürgermeisterkonferenzen zu diesem Thema in Montreal (1989) und in Paris (1991) gefördert. Die wichtigsten Initiativen wurden seither in den Industrieländern und in Lateinamerika ergriffen. Aber auch in Afrika hat man begonnen, sich der Bedeutung dieses Themas bewußt zu werden und die Städte dort beschäftigen sich bereits mit konkreten Maßnahmen. In diesem Bereich hat Johannesburg eine Vorreiterrolle übernommen.

Der Ansatz ist recht innovativ. Er verändert die verbreitete Ansicht, daß Sicherheit ausschließlich in der Verantwortung von Staat, Polizei oder privaten Sicherheitsdiensten liegt und auch lediglich diese etwas angeht. Er bezieht vor Ort gebildete Koalitionen von wichtigen Akteuren mit ein, die sich sowohl an der Diagnose der Unsicherheitsfaktoren vor Ort beteiligen, als auch an der Formulierung und Umsetzung von Lösungsstrategien. Der Ansatz basiert darauf, Polizei und Rechtssystem anzunähern. Er beteiligt alle Bürger beim (Wieder-)Aufbau von Sicherheit und schafft auch eine neue Praxis.

HABITAT-Initiativen für Sicherheit in den Städten

UNCHS (Habitat), das Zentrum der Vereinten Nationen für Wohn- und Siedlungswesen, befaßt sich seit 1993 mit dem Thema der Sicherheit von Städten in Entwicklungsländern. Das Zentrum hat, zuerst im Rahmen des Stadtmanagementprogramms (UMP) und in der Zeit von 1993 bis 1996, ein Bewußtsein für die Rolle der Städte sowie für die praktischen Möglichkeiten der Herangehensweise an das Problem geschaffen. Diese Funktion wurde auf der HABITAT II – Konferenz und mit der HABITAT–Agenda anerkannt.

Die UMP–Initiativen konzentrierten sich auf zwei Aspekte: die Gewalt in den Städten und das damit verbundene Thema des Zugangs zur Justiz für die arme Stadtbevölkerung. UMP hat in Lateinamerika eine Konferenz zu Gewalt in den Städten organisiert (CALI, 1993) und hat zusammen mit IFRA die afrikanische Konferenz über “Städtische Gewalt in Afrika“ (IBADAN, 1994) ausgerichtet. Die Beiträge für diese Konferenzen sind veröffentlicht worden.

Darüberhinaus wurden in Lateinamerika und Afrika Untersuchungen über den Zugang zur Justiz für die arme Stadtbevölkerung durchgeführt, deren Ergebnisse publiziert wurden. Ausserdem wurde eine in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Forum zur Sicherheit in den Städten erstellte Studie über “Das Mediationssystem in China“ (1996) veröffentlicht. Die Initiativen von Habitat und UMP haben auch, mit Unterstützung durch die Niederlande, zur Entwicklung des Programms für mehr Sicherheit in den Städten geführt.

Das Programm für mehr Sicherheit in den Städten

Dieses Programm zielt darauf ab, Verbrechen und Gewalt zu reduzieren, indem den Städten technische Hilfestellungen bei ihren Bemühungen geboten werden, nachhaltige Strategien zum Umgang mit Kriminalität und ihren Ursachen zu entwickeln. Das wichtigste Ziel des Programms ist es, bei den örtlichen Verwaltungen und kommunalen Organisationen die Kapazitäten in Sachen Verbrechensvorbeugung auszubauen.

Durch die Umsetzung spezifischer Projekte auf städtischer Ebene wie z. B. in Johannesburg und Daressalam – werden die Möglichkeiten der Kommunalverwaltungen gestärkt, Unsicherheitsfaktoren zu begegnen, alle Bürger bei der Verbrechensbekämpfung in die Pflicht zu nehmen und eine Kultur der Verbrechensvorbeugung zu entwickeln. Zum Ausbau von Kapazitäten gehört auch die Fortbildung der städtischen Polizeikräfte in Sachen Prävention.

Das Programm für mehr Sicherheit in den Städten wird von afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Städten und sogar von osteuropäischen Zentren immer stärker in Anspruch genommen. Bald werden sowohl in Abidjan als auch in Durban Projekte starten. Dakar, Antananarivo, Kapstadt und Tirana haben technische Hilfe durch das Programm für mehr Sicherheit in den Städten beantragt.

Das Programm fördert und festigt auch Netzwerke der Städte, die sich auf regionaler und nationaler Ebene mit der Vorbeugung von Kriminalität befassen. Zu diesem Zweck hat es sich an der Einrichtung des Afrikanischen Forums für sichere Städte beteiligt, das in diesem Jahr in Dakar von den Bürgermeistern 20 afrikanischer Städte gegründet wurde. Zur Zeit arbeitet es an der Einrichtung von Nationalen Foren für Sicherheit in den Städten in der Elfenbeinküste und im Senegal mit. Das Programm ist auch aktiv an der Vorbereitung der nächsten internationalen Bürgermeisterkonferenz für sichere Städte beteiligt, die vom Stadtrat Johannesburgs im Oktober dieses Jahres in der südafrikanischen Stadt organisiert wird. Diese Veranstaltung wird das erste internationale Treffen zu diesem Thema in einem Entwicklungsland sein.

Das Programm zielt ebenfalls darauf ab, Strategien zur Verminderung von Verbrechen und ihren Ursachen zu verbreiten. Vor kurzem hat das Programm für mehr Sicherheit in den Städten Grundsatzpapiere zu den Themen “Polizei, Verwaltung und städtisches Management“, “Häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen in Städten“ und “Richtlinien für lokale Regierungen zur Problematik der Straßenkinder“ veröffentlicht. Diese Ausführungen basieren auf Erfahrungen der Städte oder der Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich mit Kriminalität und ihren Ursachen befassen.

Das Programm hat Partnerschaften mit einigen internationalen Institutionen gegründet, um auf eine große Bandbreite von Sachkenntnis zurückgreifen zu können und um Wissen über praktische Erfahrungen auszutauschen. Die wichtigsten Partner sind: Das Europäische Forum für städtische Sicherheit und das Internationale Zentrum für die Vorbeugung von Verbrechen (ICPC, Montreal). Das Ziel dieser Partnerschaften ist es, in einigen spezifischen Projekten zusammenzuarbeiten, gemeinsame Verbreitungsmechanismen zu entwickeln, besondere Expertise nutzen zu können und von der Verbindung zwischen Forschungseinrichtungen und Praktikern zu profitieren.

Nachhaltiger Ansatz

Städte, die eine Unterstützung durch das Programm beantragt haben, sind auch bereit, sich sofort an der Finanzierung der Aktivitäten zu beteiligen, indem sie zusätzliche Mittel für ein bestehendes Projekt bereitstellen (dies ist in Johannesburg und Durban der Fall). Sie sind auch bereit, ein Projekt teilweise selbst zu finanzieren oder den Fortbestand eines Projekts über die dreijährige Pilotphase hinaus zu garantieren.

Der Verlauf des Programms für mehr Sicherheit in den Städten

Das Programm für mehr Sicherheit in den Städten vollzieht sich bei seiner Unterstützung der Städte zur Entwicklung von umfassenden Strategien zur Verringerung der Kriminalität und ihrer Ursachen in drei Schritten.

Zunächst erstellt das Programm eine Bedarfsanalyse, die die Basis einer städtischen Sicherheitsbewertung bildet. Hierfür müssen nicht nur Studien berücksichtigt werden, sondern auch die unterschiedlichen Beiträge einer Vielzahl städtischer Akteure. Die Einschätzung der Sicherheit sollte die Grundlage für eine Verständigung darüber sein, welche konkreten gemeinsamen Maßnahmen in Zukunft ergriffen werden sollen. Die Bewertung zeigt die Aspekte des sozialen Ungleichgewichts auf, die die Gemeinschaft nicht hinnehmen kann, und benennt sowohl die Verursacher als auch die gefährdeten gesellschaftlichen Gruppen.

Zweitens baut das Programm eine Sicherheitspartnerschaft zwischen wichtigen Akteuren auf, nicht nur auf institutioneller Ebene, sondern auch auf der Ebene der Zivilgesellschaft und der kommunalen Organisationen. Dieses lokale Bündnis schafft die Rahmenbedingungen, um einen Konsens bezüglich der Ziele, Mittel und Wege zur Bewertung und Entwicklung von Vorbeugungsmaßnahmen zu erreichen.

Drittens formuliert und implementiert das Programm zusammen mit den Partnern einen Aktionsplan. Dieser Plan muß klare Prioritäten, Ziele, Indikatoren, Zeitrahmen und Kontrollsysteme vorgeben. Er kann sich auf bestimmte Zonen, Bevölkerungsgruppen oder Themen beziehen.

In der Regel wird ein Projekt für einen Zeitraum von drei Jahren konzipiert. Nach dieser Zeit sollten die lokalen Verwaltungen genügend Erfahrungen gesammelt haben, um ihre Strategie selbständig durchführen zu können.

Jedes städtische Projekt wird von einem Koordinator geleitet, der eng mit dem Stadtrat zusammenarbeitet und für die Verbindung zwischen den Partnern sorgt. Der Koordinator sollte außerdem darauf hinarbeiten, daß Verbrechensvorbeugung als Querschnittsaufgabe der Kommunen wahrgenommen wird.

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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Christina Engfeld, Leiterin der Abteilung Information & Auswärtige Beziehungen, UNCHS (Habitat), P.O. Box 30030, Nairobi, Kenya, Tel.: (+254-2) 62 30 67, Fax: (+254-2) 62 40 60; E-mail: [email protected]