Fünfzig Jahre Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen

UNIC/56

Die Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen begeht in diesem Jahr ihr 50jähriges Jubiläum. Die Kommission hält derzeit vom 12. Mai bis 18. Juli ihre 49. Tagung in Genf ab. Der folgende Überblick soll den wichtigen Beitrag zusammenfassen, den die Kommission für die völkerrechtliche Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen geleistet hat:

Die Völkerrechtskommission wurde am 21. November 1947 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit dem Auftrag eingesetzt, die fortschreitende Entwicklung des Völkerrechts und dessen Kodifizierung zu fördern. Der Kommission gehören 34 Mitglieder an, die als unabhängige Völkerrechtsexperten tätig sind und die wichtigsten Rechtssysteme der Welt repräsentieren. Sie werden von der Generalversammlung für eine fünfjährige Amtszeit gewählt.

Im Laufe ihres 50jährigen Bestehens hat die Kommission Berichte zu 24 Themen verfaßt, die zum Teil von ihr selbst ausgewählt oder von der Generalversammlung oder vom Wirtschafts- und Sozialrat an sie herangetragen wurden. Ihre Vertragsentwürfe dienten als Grundlage für die Verabschiedung internationaler Abkommen über wichtige Fragen des Völkerrechts – von den Quellen des Völkerrechts bis zur Jurisdiktion der Staaten, vom Recht internationaler Organisationen bis zur Stellung der Einzelperson im Völkerrecht, von der Staatennachfolge bis zur Frage der Bodenschätze oder der Wirtschaftsbeziehungen. Die Arbeit der Kommission erstreckte sich dabei auf nahezu alle Bereiche des internationalen öffentlichen Rechts.

Einige der wichtigsten Konventionen, die auf Entwürfe der Kommission zurückgehen, zählen heute zum Fundament des Völkerrechts für die zwischenstaatlichen Beziehungen. Dazu gehören die Konventionen über diplomatische und konsularische Beziehungen, das internationale Strafrecht, das Vertragsrecht, das Recht der internationalen Organisationen und das Seerecht. In vielen Fällen wurden die von der Kommission ausgearbeiteten Regeln zum Völkergewohnheitsrecht erhoben.

Der jüngste Beitrag der Völkerrechtskommission war die Fertigstellung von Artikelentwürfen über das Recht der nichtschiffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe, auf deren Grundlage die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 21. Mai 1997 eine Konvention zu dieser Frage verabschiedete. Die jetzt zur Unterschrift und Ratifikation am Sitz der Organisation in New York aufliegende Konvention regelt die gerechte und vernünftige Nutzung internationaler Wasserläufe durch Anrainerstaaten und soll als Rahmenabkommen für konkrete Vereinbarungen zwischen solchen Staaten dienen.

Auf dem Gebiet des internationalen Strafrechts hat die Kommission vor kurzem die Arbeiten an dem Entwurf eines Statuts für einen internationalen Strafgerichtshof abgeschlossen, der nun der Generalversammlung zur Beratung vorliegt. Die Versammlung hat beschlossen, für 1998 eine Bevollmächtigtenkonferenz einzuberufen, die auf der Grundlage des Entwurfs der Kommission eine Konvention annehmen soll. Die Kommission hat auch den Entwurf eines Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit fertiggestellt. Zu den darin genannten Tatbeständen zählen: Völkermord, Aggression, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (z.B. Mord, Ausrottung, Folter, Versklavung, Verfolgung aus politischen rassischen, religiösen oder ethnischen Gründen), Verbrechen gegen die Vereinten Nationen und ihr Personal, sowie Kriegsverbrechen (z.B. willkürliche Tötung, Folter oder unmenschliche Behandlung). Die Generalversammlung wird darüber 1998 auf ihrer 53. Jahrestagung entscheiden.

Außerdem hat die Generalversammlung die Kommission aufgefordert, die Frage des diplomatischen Schutzes und der einseitigen Akte von Staaten weiter zu prüfen. Die Untersuchung über diplomatischen Schutz soll u.a. klären: Welche Grundlagen bestehen für den diplomatischen Schutz? Welche Zusammenhänge gib es zwischen dem Nutznießer und dem Staat, der diplomatischen Schutz gewährt? Wer kann diplomatischen Schutz verlangen und gegenüber wem? Unter welchen Bedingungen kann diplomatischer Schutz gewährt werden? Welche Folgen hat der diplomatische Schutz? Bei der Frage der einseitigen Akte geht es um die Rechtsfolgen einseitiger Staatsakte; um Elemente, die die Gültigkeit solcher Akte ausschließen können; sowie um die Dauer, Änderung und Beendigung einseitiger Akte.

49. Jahrestagung

Auf dem Arbeitsprogramm der Kommission für ihre derzeit in Genf laufenden 49. Jahrestagung stehen Fragen der Staatenverantwortlichkeit, der Auswirkungen der Staatennachfolge auf die Staatsangehörigkeit natürlicher und juristischer Personen, der Vorbehalte zu Verträgen, sowie der internationalen Haftung für Schäden aus nichtrechtswidrigem Verhalten.

Der Entwurf der Kommission zur Staatenverantwortlichkeit wurde bereits 1996 in erster Lesung verabschiedet. Er enthält Regeln über Staatenverantwortlichkeit für international rechtswidriges Handeln, über die Voraussetzungen für diese Verantwortlichkeit, die Folgen der Verübung eines internationalen Verbrechens; Umstände, die Rechtswidrigkeit ausschließen, wie Notstand, Selbstverteidigung, etc., sowie die Rechte der verletzten Staaten, z.B. auf Reparationsleistung, Wiederherstellung oder Schadenersatz.

Die Völkerrechtskommission soll auch ihren Entwurf zur Frage der Auswirkungen der Staatennachfolge auf die Staatsangehörigkeit in erster Lesung verabschieden. Der Entwurf enthält Rechtsgrundsätze, die bei der Staatennachfolge zu beachten sind; Regeln für die Gewährung und den Entzug der Staatsangehörigkeit; oder die Gewährung eines Optionsrechtes.

In der Frage der Vorbehalte zu Verträgen soll die Kommission klären, ob die in der Wiener Vertragsrechtskonvention enthaltenen Regeln für Vorbehalte auf alle Verträge anwendbar sind, ungeachtet des jeweiligen Vertragsgegenstands, und welche Rolle die Vertragsüberwachungsgremien in bezug auf Vorbehalte spielen.

Die Kommission wird ihre Arbeit an Fragen der internationalen Haftung für Schäden aus nichtvölkerrechtswidrigem Verhalten fortsetzen. Eine Reihe von Artikelentwürfen dazu wurde den Regierungen zur Stellungnahme vorgelegt. Bis zur Vorlage dieser Stellungnahmen wurde die Erörterung der “internationalen Haftung“ vertagt; die Kommission wendet sich daher zunächst der Frage der “Prävention“ von Schäden durch gefährliche Aktivitäten zu.

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Website: http://www.un.org/law/ilc/index.htm