Generalsekretär Kofi Annan: Beitrag der Frau zur Ernährungssicherung ist unverzichtbar

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Erklärung zum Welternährungstag – 16. Oktober

NEW YORK, 14. Oktober 1998 — Der 1979 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) proklamierte Welternährungstag soll alljährlich am 16. Oktober die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Probleme der Welternährung lenken und die internationale Solidarität im Kampf gegen Hunger, Unterernährung und Armut mobilisieren. Der Tag erinnert an den Gründungstag der FAO im Jahre 1945. UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat aus diesem Anlaß folgende Erklärung veröffentlicht:

Jedes Jahr ruft uns der Welternährungstag die schmerzliche Tatsache in Erinnerung, daß der Kampf gegen den Hunger noch immer nicht gewonnen ist. Im Jahr des 50. Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist für Millionen Menschen in aller Welt eines ihrer wichtigsten Grundrechte, das Recht auf Nahrung für alle, nicht verwirklicht. Mehr als 800 Millionen Menschen leiden an chronischem Hunger oder Unterernährung, davon 200 Millionen Kinder.

Die kurz- und langfristigen Folgen des Hungers sind allgemein bekannt. Er behindert Wachstum und Entwicklung und beeinträchtigt die Fähigkeit des Menschen, seiner täglichen Arbeit nachzugehen. Hungrige Menschen können ihre Anlagen nicht voll zur Entfaltung bringen, weder als einzelne noch in der Gemeinschaft. Und das, obwohl es auf der Welt genügend Nahrungsmittel und technische Möglichkeiten gibt, um alle Menschen zu ernähren. Was fehlt, ist der gemeinsame politische Willen zum Handeln.

Als ersten Schritt müssen wir den entscheidenden Beitrag voll und ganz anerkennen, den die Frauen zur Sicherung der Ernährung leisten – sowohl im eigenen Haushalt als auch auf Landesebenet. Und wir müssen die Hindernisse beseitigen, die den Frauen bei dieser Aufgabe im Wege stehen.

Angesichts von Armut, Naturkatastrophen und Kriegen sind es die Frauen, die mit ihrem Geschick und ihrem festen Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen, dafür sorgen, daß ihre Familien und Gemeinschaften überleben. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, um den täglichen Kampf der Frauen im ländlichen Raum zu würdigen und die Vielzahl der Schwierigkeiten und Diskriminierungen zu beschreiben, von denen sie bei der Verrichtung ihrer täglichen Arbeit begleitet werden. Noch schwerer zu vermitteln sind die verlorenen Chancen für Wachstum und Entwicklung für viele Frauen, ihre Familien und die Gesellschaft. Die landwirtschaftliche Entwicklungspolitik trägt den Bedürfnissen der Frau noch immer nicht ausreichend Rechnung. Und wenn, dann nur auf dem Papier – die Wirklichkeit sieht meistens anders aus.

Aus diesem Grund ist der Welternährungstag 1998 den „Frauen, die die Welt ernähren“ gewidmet. Der Tag bietet uns allen eine hervorragende Gelegenheit, die vielfachen Aufgaben und Verantwortungen der Frau in der Landwirtschaft und in der gesamten Ernährungskette angemessen zu würdigen.

Ich rufe daher heute alle Partner in der Entwicklung, ob Regierungsstellen oder Nichtregierungsorganisationen, auf, den unverzichtbaren Beitrag anzuerkennen, den die Frauen auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Produktion und der Ernährungssicherung leisten und leisten können. Ich rufe sie auf, mit neuem Geist an die Entwicklung und vor allem an die landwirtschaftliche Entwicklung heranzugehen und diesem Beitrag der Frauen voll Rechnung zu tragen.

Machen wir den Welternährungstag 1998 zu einem Meilenstein auf dem langen und beschwerlichen Weg zur Sicherung der Ernährung für jedermann und verwirklichen wir dieses Ziel durch die Anerkennung des unverzichtbaren Beitrages der Frauen. Bekennen wir uns an diesem Tag erneut zu dem Grundsatz „Nahrung für alle“.