Generalsekretär Kofi Annan: Erklärung zum Internationalen Tag der Frau

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NEW YORK, 8. März – Seit 1975, dem Internationalen Jahr der Frau, begehen die Vereinten Nationen jedes Jahr am 8. März den Internationalen Tag der Frau. Aus diesem Anlaß hat Generalsekretär Kofi Annan folgende Erklärung veröffentlicht:

Der Internationale Tag der Frau ist der Tag, an dem Frauen auf allen Kontinenten ihre nationalen, ethischen, kulturellen, ökonomischen und politischen Barrieren überwinden und zusammen ihren Bemühungen um die Ziele Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden gedenken. Es ist der Tag, an dem wir dem Kampf der einfachen Frauen unseren Beifall zollen.

Nur wenige Anliegen, die von den Vereinten Nationen vorangetrieben werden, haben eine nachhaltigere und weitreichendere Unterstützung gefunden als die Kampagne zur Förderung und zum Schutz der Gleichberechtigung. Die Charta der Vereinten Nationen war der erste internationale Vertrag, der die Gleichberechtigung der Geschlechter als grundlegendes Menschenrecht proklamiert hat. Dies war vor allem auf die Anstrengungen einiger weiblicher Delegierter auf der Gründungskonferenz der Vereinten Nationen, 1945 in San Francisco, zurückzuführen. Seither haben die Vereinten Nationen dazu beigetragen, einen Rahmen international vereinbarter Strategien, Normen, Programme und Ziele zur Förderung der Frauen in aller Welt zu schaffen. Führend bei diesen Bemühungen war die Kommission zur Rechtsstellung der Frau, die in diesem Jahr ihr 50jähriges Jubiläum feiert.

In diesem halben Jahrhundert wurde die Frauenbewegung zu einem globalen Phänomen. Mit mehr als 17.000 Teilnehmern aus 189 Staaten und mehr als 2.500 Nicht-Regierungsorganisationen war die Vierte Weltfrauenkonferenz, 1995 in Peking, die größte Konferenz, die die Vereinten Nationen jemals veranstaltet haben. Die Verpflichtungen, die die Regierungen in Peking eingegangen sind, reflektieren die Einsicht, daß die Gleichberechtigung der Frau ein zentraler Punkt aller Lösungssansätze für die sozialen, ökonomischen und politischen Probleme der Welt sein muß. Das heißt, dort wo Frauen früher darum gekämpft haben, die Gleichberechtigung der Geschlechter auf die internationale Tagesordnung zu setzen, ist die Gleichberechtigung heute einer der vorrangigen Faktoren, die die Agenda bestimmen.

Am Internationalen Tag der Frau 1997, möchte ich das Augenmerk besonders auf die Rolle von Frauen in Fragen des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit lenken.

Bemerkenswerterweise sind Frauen nicht bei Friedensverhandlungen anwesend, obwohl es klare Anhaltspunkte dafür gibt, daß Frauen eine besondere und positive Sichtweise in präventive Diplomatie, Friedensschaffung und Friedenssicherung einbringen. Die Friedens- und Sicherheitsmissionen der Vereinten Nationen, in der beide Geschlechter gleichermaßen im Management und beim Personal vertreten waren, haben klar von der Beteiligung von Frauen profitiert. Die Auswertungen von Operationen in Guatemala, Namibia und Südafrika haben gezeigt, daß die Teilnehmerinnen als sehr mitfühlend wahrgenommen wurden. Sie zeigten sich nicht geneigt, die Gewalt der Versöhnung vorzuziehen und waren bereit, zuzuhören und zu lernen.

Indem die Vereinten Nationen fortfahren, ihre Kapazitäten zur Konfliktlösung zu verstärken, werde ich, wegen ihrer einzigartigen Fähigkeiten zur Förderung einer Umgebung, die Stabilität und Frieden herbeiführen kann, auf eine wachsende Anzahl von Frauen zurückgreifen. In diesem Zusammenhang rufe ich auch die Mitgliedsländer auf, inbesondere Frauen als Kandidatinnen für die Stellen von Sonderbeauftragen oder Sonderberichterstatterinnen zu nominieren sowie für Positionen in anderen Bereichen der präventiven Diplomatie und Friedensschaffung.

In diesem Jahr ist es wichtig, den Reform- und Revitalisierungsprozeß anzusprechen, den die Vereinten Nationen mit größter Priorität verfolgen. Reformen sind notwendig, damit die Vereinten Nationen so ausgestattet und strukturiert werden, daß sie den Herausforderungen des 21. Jahrhundert entgegentreten können. Wie die Reformen auch aussehen werden, ich werde mich weiterhin der Aufgabe widmen, die Geschlechterperspektive in die Arbeit des gesamten Systems der Vereinten Nationen einzubringen. Darüberhinaus will ich sicherstellen, daß die Rechte der Frau und Frauenprogramme ein wesentlicher Teil der globalen Mission der Organisation bleiben.

Indem ich an diesem wichtigen Tag diese Verpflichtungen eingehe, in einer Zeit, in der wir das 50jährige Jubiläum der Kommission zur Rechtsstellung der Frau feiern, versichere ich die Frauen der Welt meiner fortdauernden Solidarität bei ihrem langen und lohnenswerten Kampf für Gleichberechtigung, Entwicklung, Freiheit und Frieden.