Generalsekretär Kofi Annan: In einer Zeit der Globalisierung muß auch die Gerechtigkeit globalisiert werden

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Erklärung zum „Tag der Menschenrechte“ – 10. Dezember 1998

NEW YORK, 10. Dezember — Der Jahrestag der Annahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird in aller Welt als „Tag der Menschenrechte“ begangen. In diesem Jahr jährt sich dieser Anlaß zum 50. Mal. Generalsekretär Kofi Annan hat dazu folgende Erklärung veröffentlicht:

Am Tag der Menschenrechte 1998 wird die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 50 Jahre alt. Heute feiern wir einen Meilenstein in der Geschichte der Vereinten Nationen, der vor einem halben Jahrhundert gesetzt wurde. Wir ehren die höchsten Hoffnungen der Menschheit und erneuern unser Versprechen, die schlimmsten Grausamkeiten, die von Menschen an Menschen begangen werden, zu überwinden.

Wir zollen jenen Tribut, die diese Menschenrechte formuliert haben, und halten die Erinnerung an jene in Ehren, die für sie gestorben sind. Gerade weil wir die Macht des Bösen im Menschen kennen, wollen wir unseren Glauben an das Gute im Menschen bekräftigen, denn dieser Glaube ist es, der die Menschheit letztendlich durch ihre dunkelsten Stunden leitet und der uns hilft, unsere Menschenrechte dort zu verteidigen, wo sie am stärksten gefährdet sind.

An diesem Tag der Menschenrechte sollten all jene unter uns, die ihre Menschenrechte uneingeschränkt genießen können, sich einmal vorstellen, wie ein Leben ohne Menschenrechte aussehen würde – und darüber nachdenken, wie sehr wir dafür kämpfen müßten, um diese Rechte zu erhalten. An diesem Tag dürfen alle, denen ihre Menschenrechte immer noch vorenthalten werden, erneut von der Verwirklichung ihrer Rechte träumen und dabei wissen, daß ihr Traum auch unser Traum ist – der Traum von allen Menschenrechten für alle.

An diesem Tag sollten wir nicht nur an die Rechte denken, die wir in mehr als 50 Jahren errungen haben, sondern auch an jene, die verweigert wurden. An diesem Tag sollten wir uns erneut für Gerechtigkeit durch alle und für alle einsetzen und uns mit größerer Wachsamkeit denn je gegen die Mißachtung von Menschenrechten wehren. An diesem Tag sollten wir unser Bekenntnis erneuern, uns in einer Zeit der Globalisierung auch für die Globalisierung der Gerechtigkeit einzusetzen.

Ich habe zur Beginn dieses Jubiläumsjahres die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte bekräftigt und betont, daß die Menschenrechte keiner Kultur fremd sind und allen Nationen innewohnen. Von den Straßen Asiens, über die Städte Afrikas bis zu den Gerichtshöfen Europas war dieses Jahr ein Jahr des Protests und des Fortschritts.

Rechte wurden gewährt, wo früher Unrechtsregimes den Ton angaben; Gerechtigkeit wurde geübt, wo früher Straflosigkeit herrschte; und Erinnerungen an vergangenes Unrecht kommen zum Tragen, wo früher Mächtige Immunität genossen. Wenn doch jedes Jahr so viel Hoffnung bringen könnte und allen beweisen würde, daß Menschenrechte nirgendwo verweigert werden können, wo Menschen leben und atmen.

Aber gerade das ist unsere Herausforderung: Dafür zu sorgen, daß es so wird. Dafür zu sorgen, daß jeder Tag im Kampf um die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte zählt, bis zu dem Tag, an dem kein Mann mehr gefoltert, keine Frau mehr mißbraucht, keinem Kind mehr seine Würde verweigert wird – wenn die Grund- und Freiheitsrechte für alle Menschen Wirklichkeit geworden sind.