Internationale Maßnahmen gegen Landminen

UNIC/167

Vereinte Nationen leisten wertvolle Beiträge zur Minenräumung, Datenerhebung und Koordination internationaler Hilfseinsätze

Die Förderung von internationaler Zusammenarbeit für einen besseren Umgang der Staaten mit der Landminenproblematik wird ein wichtiger Punkt auf der Tagesordnung der ersten Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über das Verbot des Gebrauchs, der Lagerung, der Produktion und des Vertriebs von Anti-Personen-Minen und deren Zerstörung (“Ottawa-Konvention“) sein, die vom 3. – 7. Mai in der Hauptstadt von Mosambik, Maputo, stattfindet. Mosambik kämpft selbst schwer mit der Belastung seines Staatsgebiets durch Landminen, die aus fast drei Jahrzehnten Bürgerkriegen herrühren.

Die Tagung steht allen Staaten, die die Konvention unterzeichnet oder ratifiziert haben, und anderen Staaten zur Teilnahme offen. Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und nichtstaatlicher Organisationen, wie der Internationalen Kampagne für das Verbot der Landminen, nehmen ebenfalls teil. Bis Mitte April 1999 wurde die Konvention, die am 1. März 1999 in Kraft trat, von 135 Staaten unterzeichnet und von 72 ratifiziert worden.

Minenunfälle rückläufig

Jüngste Berichte über die neuerliche Verlegung von Minen in Konfliktgebieten geben Anlaß zu tiefer Besorgnis und verdeutlichen die Wichtigkeit der ersten Vertragsstaatenkonferenz. Daß dieses Treffen in einem stark verminten Land stattfindet, das sich auch intensiv in der Minenbekämpfung engagiert, beweist, daß wir uns auf dem besten Weg zu einer neuen internationalen Verhaltensnorm in Fragen der Anti-Personenminen befinden. Bis dieses Ziel zur Gänze erreicht ist, bleibt zwar noch viel zu tun, aber man kann doch feststellen, daß das weltweite Bewußtsein für die Landminenproblematik und die internationale Unterstützung für Minenräumprogramme in den letzten Jahren zur Verringerung menschlichen Leidens beigetragen haben.

Die Vernichtung der Minenbestände hat begonnen. Seit 1996 sind über 14 Millionen Minen in 20 Ländern vernichtet worden. Es besteht die Hoffnung, daß eine breitere und entschlossenere Einhaltung der Ottawa-Konvention die Vernichtung von Minen durch Vertragsstaaten wie durch Länder, die die Konvention noch nicht unterzeichnet haben, weiter vorantreiben wird.

Die Zahl der Minenunfälle ist in den meisten verminten Ländern stark zurückgegangen. In Afghanistan und Kambodscha hat es in den letzten fünf Jahren um fast 50 Prozent weniger Minenunfälle gegeben. In Bosnien-Herzegowina verringerte sich die Unfallhäufigkeit von 55 pro Monat im Jahr 1995 auf sieben pro Monat im Jahr 1998.

Fortschritte wurden ferner bei der Minenräumung und der Unterstützung für verminte Staaten gemacht. In Kambodscha wurden zum Beispiel 23 Prozent des vermutlich verminten Landes von Minen geräumt. In Afghanistan wurden mehr als 60 Prozent der verminten Wohngebiete und Bewässerungsanlagen geräumt. In Mosambik sind in den letzten drei Jahren drei neue Zentren zur Versorgung von Minenopfern eröffnet worden, zwei weitere sind geplant. In Bosnien wurden 38 neue Kliniken für Minenopfer im Rahmen des Kriegopferprojekts der Weltbank errichtet.

Das Inkrafttreten der Ottawa-Konvention am 1. März 1999 hat der beständigen Politik der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Landminen zusätzlichen Nachdruck verliehen. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, ihre Lagerbestände an Anti-Personen-Landminen innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten der Konvention zu vernichten und verminte Gebiete in ihrem Hoheitsbereich innerhalb von zehn Jahren zu räumen – es sei denn, sie beantragen bei einer Vertragsstaatentagung formell eine Fristverlängerung und bekommen diese gewährt. Entscheidungen, die in Maputo zum Berichterstattungsverfahren, zu den technischen Richtlinien und zur internationaler Unterstützung getroffen werden sollen, können auf bereits im UNO-System laufende Landminenaktionen aufbauen.

Hohe Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit

Artikel 6 der Konvention zu Fragen der internationalen Zusammenarbeit und Unterstützung räumt den verminten Staaten formell das Recht ein, um internationale Unterstützung anzusuchen. Die Konvention spricht auch die ganze Bandbreite der diesbezüglichen Aktionsbereiche und Hilfsmaßnahmen an, darunter die Erhebung des Ausmaßes der Verminung eines Staates, die Ausarbeitung von Minenräumungsplänen oder die Vernichtung von Minen sowie die Schaffung von Einrichtungen zur Bewältigung der Langzeitfolgen von Minen.

Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, “die dazu in der Lage sind“, bei der Versorgung und Rehabilitation von Minenopfern und der Durchführung von Aufklärungsprogrammen über Minen zu helfen. Darunter fällt auch die Hilfe bei der Minenräumung, sowie die Bereitstellung von Ausrüstung, Material und wissenschaftlich-technologischer Information. Zu dieser Hilfeleistung sind die Vertragsstaaten im Rahmen der Konvention verpflichtet.

UNO-System spielt Schlüsselrolle

Die Konvention räumt dem System der Vereinten Nationen eine Schlüsselrolle bei der Sammlung und Verwaltung von Daten sowie bei der Bereitstellung und Koordination entsprechender Hilfsmaßnahmen ein. Ein Richtlinienpapier, das vom UNO-Sekretariat ausgearbeitet von der Generalversammlung im November 1998 gebilligt wurde, legt die Aufgaben der verschiedenen Teile des UNO-Systems fest:

Der Minenaktionsdienst der Vereinten Nationen (UNMAS) in der Hauptabteilung für Friedenssicherungseinsätze bildet das Zentrum aller Aktivitäten, die sich innerhalb des UNO-Systems auf Minen beziehen. In Absprache mit anderen Teilen der Organisation kommen UNMAS folgende Aufgaben zu: Auswahl der technischen Erhebungsmissionen nach Vordringlichkeit; Abstimmung der Mobilisierung finanzieller Mittel; Entwicklung und Förderung von Sicherheitsstandards mit UNICEF und WHO; Sammlung, Analyse und Verbreitung von Informationen über Minen; Mobilisierung öffentlicher Unterstützung für ein weltweites Verbot von Landminen; und Verwaltung des Freiwilligen Fonds für Hilfe bei der Minenräumung.

Die Hauptabteilung Abrüstungsfragen (DDA) unterstützt die Rolle des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Bezug auf die Ottawa-Konvention, insbesondere im Hinblick auf die in der Konvention vorgesehenen Transparenz-Maßnahmen sowie bei der Unterstützung der Umsetzung der Konvention und der Klärung damit zusammenhängender Fragen.

Das Büro für die Koordinierung von humanitären Angelegenheiten (OCHA) und der Minenaktionsdienst arbeiten Hand in Hand in der Frage der Mobilisierung öffentlicher Unterstützung für ein weltweites Verbot der Landminen und der Aufbringung der erforderlichen Finanzmittel. OCHA verwaltet den zentralen Notfonds, der schnelle Reaktionen auf humanitäre Katastrophen unterstützt, sowie das Verfahren der gemeinsam abgestimmten Hilfsappelle bei humanitären Einsätzen des UNO-Systems.

Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) sorgt dafür, daß die Bedürfnisse von Flüchtlingen und anderen Bevölkerungsgruppen unter seinem Mandat entsprechend berücksichtigt werden. Dabei räumt UNHCR der Zusammenarbeit mit UNICEF bei den Aufklärungsprogrammen über Minen und dem Welternährungsprogramm (WFP) bei der sicheren Bereitstellung von Lebensmitteln besondere Bedeutung ein.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) arbeitet mit einer großen Zahl von Partnern innerhalb und außerhalb des UNO-Systems zusammen, wie etwa dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz bei der Aufklärung über Minen und bei der Rehabilitation von Landminenopfern.

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) kümmert sich um die sozio-ökonomischen Folgen der „Verseuchung“ von Landstrichen mit Bodenminen und hilft beim Aufbau nationaler und lokaler Einrichtungen für die Bewältigung von Hindernissen, die durch Landminen bei der Entwicklung normaler Wirtschaftstätigkeit oder beim Wiederaufbau und der Entwicklung eines Landes auftreten. Wo Landminen nicht nur ein humanitäres Problem darstellen, entwickelt UNDP in enger Zusammenarbeit mit UNMAS umfassende, nachhaltige Minenaktionsprogramme im lokalen und nationalen Bereich.

Das Büro der Vereinten Nationen für Projektdienste (UNOPS) ist innerhalb des UNO-Systems der Hauptanbieter für umfassende Minenräumaktionen und Programme zum Aufbau diesbezüglicher Einrichtungen. Um die Hilfe bei Minenaktionsprogrammen zu beschleunigen, hat UNOPS im März 1998 ein Minen-Aktionsreferat (MAU) aufgebaut, das technische, administrative, rechtliche, vertragstechnische und auf den Einkauf bezogene Sachkenntnisse zur Verfügung stellt, die in allen Phasen von Minenbekämpfungsprogrammen benötigt werden. Neben der Unterstützung von Programmen in einzelnen Staaten arbeitet UNOPS mit UNMAS, UNDP und dem Überwachungsaktionszentrum am weltweiten Landminen-Überwachungsprojekt.

Das Welternährungsprogramm (WFP) befaßt sich vor allem mit der Minenräumung auf Zufahrtsstraßen, um für die rasche und kostengünstige Zustellung von Lebensmittelhilfe in die minenverseuchten Gebieten Sorge zu tragen. Das Programm wirkt auch bei der Minenräumung von Landstrichen für die sichere Rückkehr von Vertriebenen und bei der Minenräumung von Feldern für den sicheren lokalen Anbau von Nahrungsmitteln mit.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) leistet ihren Beitrag trägt zu den Minenprogrammen im Bereich der humanitären Hilfs- und Rehabilitationsmaßnahmen. FAO hilft auch bei der Ausarbeitung von Kriterien für vorrangige Minenräumung.

Die Weltbank arbeitet eng mit allen UNO-Abteilungen und Büros zusammen. Sie teilt vor allem mit UNDP die Ansicht, daß Minenverseuchung ein Entwicklungsproblem mit Langzeitfolgen darstellt, das Langzeitlösungen erfordert. Gemeinsam mit UNDP ruft die Bank Gebergruppen für den Wiederaufbau ein und mobilisiert Finanzmittel für Minenprogramme.

UNO-Minenbekämpfung in den 90er Jahren

Seit dem Beginn der ersten systematischen Minenräumaktion in Afghanistan im Jahr 1989 hat das UNO-System bei der Ausarbeitung von Anti-Minenplänen und beim Aufbau nationaler Programme in 13 Ländern geholfen (Angola, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Irak, Jemen, Kambodscha, Kroatien, Laotische Volksdemokratische Republik, Mosambik, Somalia, Sri Lanka, Sudan und Tschad). Feststellung und Überwachung von Landminen, Räumung von Minen und nicht explodierter schwerer Munition, Rehabilitation von Überlebenden, Entwicklung von Aufklärungsprogrammen über Minen und von Hilfsprogrammen für Minenopfer, Aufbau von nationalen Einrichtungen zur Minenbekämpfung sowie der wirtschaftliche und soziale Wiederaufbau der betroffenen Länder zählen zu den wichtigen Aufgaben, die von den Partnern des UNO-Systems wahrgenommen werden.

Jüngste Entwicklungen

Ausarbeitung von Richtlinien für die Erfassung des Minenproblems. Das Ausmaß der Minenverseuchung eines Staates und deren Auswirkungen zu bemessen, stellt eine große Herausforderung dar. UNMAS hat neue Richtlinien für die Erfassung und Messung des Landminenproblems entwickelt. Diese Richtlinien werden auf der Tagung in Maputo erörtert. Sie sollen den Ländern ein geeignetes Instrument an die Hand geben, um Daten über Landminen einheitlich zu erheben und zu berichten, um damit ihrer, in der Ottawa-Konvention festgelegten Verpflichtung zur Berichterstattung nachkommen und gleichzeitig die Datenlage zum Landminenproblem verbessern zu können.

Schaffung eines internationalen Minenräumungszentrums. Die Schweizer Regierung hat das Genfer Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung (GICHD) eingerichtet. Das Zentrum wird UNMAS bei der Verbesserung von Datenerhebungen in minenverseuchten Ländern unterstützen und beim Aufbau eines UNO-Informationssystems über Minenbekämpfung helfen. Dieses neue System, das Einsatzeinheiten vor Ort und eine zentrale Informationsverarbeitungs- und Kommunikationseinheit am Sitz der Organisation vorsieht, wird bei der Erhebung und Strukturierung von Daten über Landminen zur Analyse und Entscheidungsfindung von großer Hilfe sein.

Richtlinien für die Aufklärung über Minen. UNICEF wird im Mai 1999 die ersten internationalen Richtlinien zur Aufklärung über Minen herausgeben, die ganz wesentlich zur Vermeidung von Unfällen durch Landminen beiträgt. Schätzungsweise 2.000 Menschen werden jeden Monat durch Minenexplosionen getötet oder verletzt.

Freiwilligenfonds. Ein Betrag von mehr als 48 Millionen Dollar wurde dem Freiwilligenfonds zur Unterstützung der Minenräumung zur Verfügung gestellt. Davon wurden bereits mehr als 45 Millionen Dollar für konkrete Minenprogrammen zugeteilt.

Minenaktionszentren. Mit Unterstützung der Vereinten Nationen haben in acht Staaten Minenaktionszentren ihre Arbeit aufgenommen, sechs weitere sind im Aufbau. 1997 haben Teams der Vereinten Nationen Erhebungsmissionen in sieben Ländern durchgeführt, zehn Missionen sind für 1999 vorgesehen. Ausführliche Untersuchungen werden in Kürze im Jemen und in Mosambik stattfinden. Ähnliche Vorhaben sind 1999 noch für drei weitere Länder geplant, sofern es die Mittel erlauben.