Letzte Runde der Klima-Verhandlungen vor der Kyoto-Konferenz

UNIC/74

USA unterbreiten möglicherweise Vorschlag in Bonn

BONN, 17. Oktober 1997 (UNO-Klimasekretariat) – Am 22. Oktober beginnt die achte und letzte Tagung der Ad-Hoc-Gruppe zum Berliner Mandat (AGBM) in Bonn unter dem großen Erwartungsdruck, den Vertragstext für ein neues Übereinkommen zur Absenkung von Treibhausgasemissionen in den Industriestaaten möglichst weitgehend fertigzustellen.

Botschafter R·ul Estrada-Oyuela (Argentinien), Vorsitzender der AGBM, hat dazu einen “Text des Vorsitzenden“ verfaßt, der die bisher kürzeste und prägnanteste Version eines künftigen Übereinkommens enthält. Auf Grundlage dieses Textes werden die Delegierten aus etwa 150 Ländern versuchen, bis zum 31. Oktober den Entwurf eines Vertragstextes herauszuarbeiten, der rechtsverbindliche Ziele und Zeithorizonte für die Reduzierung der Emissionen vorgeben soll. Des weiteren werden sich die Delegierten um die Ausarbeitung von Vereinbarungen für eine Reihe technischer Fragen bemühen, wie etwa für den Handel mit Emissionen, gemeinsame Durchführungsmaßnahmen und international koordinierte Richtlinien und Maßnahmen.

“Der Text des Vorsitzenden bietet eine gute Grundlage für entscheidende Fortschritte in Bonn“, sagt Michael Zammit Cutajar, Exekutivsekretär der UNO-Klimarahmenkonvention. “Die mögliche Vorlage eines Vorschlags der USA für Ziele und Zeithorizonte neben den bereits vorliegenden Vorschlägen der Europäischen Union und Japans könnte die Bonner Verhandlungen beflügeln.“

Bislang hatten die USA noch keinen eigenen Vorschlag für spezifischen Ziele und Zeithorizonte unterbreitet. Nach der jüngsten Konferenz des Weißen Hauses, bei der verschiedene Optionen ventiliert wurden, besteht jedoch die Möglichkeit, daß die amerikanische Delegation einen solchen Vorschlag für das Bonner Treffen im Gepäck hat.

Vor drei Wochen hat Japan – dessen Regierung als Gastgeber der Konferenz in Kyoto eine zentrale Rolle bei der Konsensfindung spielt – die Reduzierung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), und Lachgas (N2O) um durchschnittlich 5% in der Periode von 2008 bis 2012 vorgeschlagen. Dieses Ziel könnte jedoch für einzelne Länder je nach Berechnungsmodus (Bruttosozialprodukt, Pro-Kopf-Emissionswerte, oder Bevölkerungsentwicklung) noch herabgesetzt werden. Das würde jedoch den meisten Industriestaaten ermöglichen, sich für niedrigere Reduktionsziele zu entscheiden: Nach einem der Berechnungsmodelle lägen diese für Japan und die USA dann bei rund 2,5%.

Die Europäische Union hatte vorgeschlagen, die Emission der gleichen Treibhausgase bis zum Jahr 2010 um 15% zu senken. Die Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) drängte auf eine Reduktion um 20% bis zum Jahr 2005. Alle Reduktionen beziehen sich dabei auf das Ausgangsjahr 1990.

Ziele und Zeithorizonte stehen in engem Zusammenhang mit vielen anderen entscheidenden, aber bisher ungelösten Fragen: Eine davon ist die “Flexibilität“ bei der Erreichung der Emissionssenkungen. Die Regierungen müssen entscheiden: Soll eine Zielvorgabe als bestimmtes Ausstoßniveau festgelegt werden, das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht werden muß, oder als “Ausstoßvolumen“, das für einen Zeitraum von mehreren Jahren zugestanden wird? Soll es möglich sein, über das gesetzte Ziel hinausgehende Reduktionen für kommende Jahre “gutzuschreiben“, oder – gegen Strafzahlung – im Vorgriff auf die nächste Reduktionsstufe Emissionsanteile “auszuborgen“, um zu hohen Treibhausgasausstoß in der laufenden Reduktionsstufe auszugleichen? Sollen die Industriestaaten die Möglichkeit haben, einen Teil oder ihre gesamten Emissionssenkungen, zu denen sie sich verpflichtet haben, “außer Landes“ zu erzielen, indem sie sich, zu geringeren Kosten, an gemeinsamen Durchführungsmaßnahmen (Joint Implementation) beteiligen oder “Handel mit Emissionen“ betreiben?

Eine weitere Frage ist die “Differenzierung“: Die Regierungen müssen entscheiden, ob für alle Industriestaaten das gleiche Ziel gilt, oder ob es für jeden Industriestaat aufgrund seiner besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten, z.B. sein Bruttosozialprodukt, ein eigenes Reduktionsziel geben wird. Befürworter der Differenzierung weisen darauf hin, daß individuelle Ziele zum Ausgleich der wirtschaftlichen Kosten beitragen würden, die jedem Land durch die Verwirklichung der gesetzten Ziele erwachsen. Der japanische Vorschlag würde eine solche Differenzierung erlauiben.

Diese Fragen wurden alle sehr eingehend auf den sieben vorangegangenen Tagungen der Arbeitsgruppe diskutiert. Am Ende des letzten AGBM-Treffens im August sagte der Vorsitzende Estrada: “Wenn wir heute Bonn verlassen, dann sind die verschiedenen Optionen klar und für alle verständlich formuliert. Wenn wir zu unserer abschließenden Vorbereitungstagung im Oktober nach Bonn zurückkommen, sind die Regierungen daher in einer guten Ausgangsposition, um ihre Wahl unter diesen Optionen zu treffen.“

In der 1992 angenommenen Klimarahmenkonvention waren die Industriestaaten übereingekommen, Maßnahmen zu ergreifen, um bis zum Jahr 2000 ihren Ausstoß an Treibhausgasen wieder auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz 1995 in Berlin hat die internationale Staatengemeinschaft erkannt, daß schärfere Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr einer Klimaveränderung zu verringern. Dazu wurde die Ad-hoc-Gruppe zum Berliner Mandat (AGBM) mit dem Auftrag eingesetzt, neue Verpflichtungen der Industriestaaten für die Zeit nach dem Jahr 2000 auszuarbeiten. Außerdem soll die Arbeitsgruppe die Umsetzung der bestehenden Verpflichtungen sowohl seitens der Industriestaaten als auch der Entwicklungsländer fördern.

Zwei andere Nebenorgane der Konvention werden vom 20. – 29. Oktober ebenfalls in der Bonner Beethovenhalle tagen, und zwar das Nebenorgan für Durchführungsmaßnahmen (SBI) und das Nebenorgan für wissenschaftliche und technische Untersuchungen (SBSTA).

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TERMINHINWEIS: Der Exekutivsekretär des UNO-Klimasekretariats, Michael Zammit Cutajar, wird im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag, den 20. Oktober 1997, um 12.00 Uhr, in der Bonner Beethovenhalle, Seminarraum 1, über den Stand der Verhandlungen und die Ziele der Oktober-Tagung berichten.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Michael Williams, Informationsstelle für Umweltkonventionen in Genf, Tel: (+41-22) 979 9242/44; Fax (+41-22) 797 3464, e-mail: [email protected].

PRESSE-AKKREDITIERUNG: In Fragen der Presse-Akkreditierung wenden Sie sich bitte an das Informationszentrum der Vereinten Nationen in Bonn, Tel: (+49-228) 815 2770; Fax (+49-228) 815 2777, e-mail: [email protected].

Offizielle Dokumente der Tagung und anderes Informationsmaterial sind in englischer Sprache auch im Internet unter http://www.unfccc.de/ zu finden.