Sonderberichterstatterin sieht „vernünftige Gründe“ für Annahme des Völkermordes in Gaza

UN Human Rights Council/Sérine Meradji

Die Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den Palästinensergebieten, Francesca Albanese, hat gestern bekanntgegeben, dass sie „vernünftige Gründe“ für die Annahme eines israelischen Völkermordes im Gazastreifen sieht.

Francesca Albanese sprach vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf, wo sie ihren jüngsten Bericht mit dem Titel „Anatomie eines Völkermordes“ im Rahmen eines interaktiven Dialogs mit den UN-Mitgliedstaaten vorstellte.

„Nach fast sechs Monaten des unerbittlichen israelischen Angriffs auf den besetzten Gazastreifen ist es meine Pflicht, über das Schlimmste zu berichten, wozu die Menschheit fähig ist, und meine Ergebnisse zu präsentieren“, sagte sie. „Es gibt vernünftige Gründe für die Annahme, dass die Schwelle, die auf die Begehung des Verbrechens des Völkermordes hindeutet, … erreicht wurde“, so Albanese.

Die „koloniale Amnesie des Westens“ habe Israels koloniales Siedlerprojekt geduldet und die Welt sehe nun „die bitteren Früchte der Straffreiheit, die Israel gewährt wurden“. Die derzeitige Situation sei eine vorhergesagte Tragödie, so Albanese.

Laut Albanese seien die Verleugnung der Realität, die Fortsetzung der Straffreiheit und des Exzeptionalismus Israels nicht länger tragbar, insbesondere angesichts der verbindlichen Resolution des UN-Sicherheitsrats, die am Montag verabschiedet wurde und die einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen fordert.

Sie fordere die UN-Mitgliedstaaten auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die mit der Verhängung eines Waffenembargos und von Sanktionen gegen Israel beginnen würden, schloss sie ihr Statement.

Sonderberichterstatter und unabhängige Experten wie Francesca Albanese erhalten ihr Mandat aufgrund ihrer Expertise vom UN-Menschenrechtsrat. Sie berichten regelmäßig zu ihrem Thema. Sonderberichterstatter und andere unabhängige Experten sind in ihrer persönlichen Eigenschaft tätig und unabhängig von Regierungen oder Organisationen. Sie sind keine Mitarbeiter der Vereinten Nationen und erhalten keine Bezahlung für ihre Arbeit.

Israel weist Bericht entschieden zurück

Die israelische Regierung nahm nicht an dem Dialog teil, gab jedoch eine Pressemitteilung heraus, in der sie den Bericht von Francesca Albanese als eine „obszöne Verdrehung der Realität“ bezeichnete und ihn „aufs Schärfste“ zurückwies.

„Der Versuch, Israel des Völkermordes zu bezichtigen, ist eine ungeheuerliche Verzerrung der Völkermordkonvention. Es ist ein Versuch, das Wort Völkermord seiner einzigartigen Kraft und besonderen Bedeutung zu berauben und die Konvention selbst in ein Werkzeug von Terroristen zu verwandeln, die eine totale Verachtung für das Leben und für das Gesetz haben, gegen diejenigen, die versuchen, sich gegen sie zu verteidigen“, hieß es in der Mitteilung.

Der von Israel geführte Krieg richte sich gegen die Hamas, nicht gegen palästinensische Zivilisten, so das Statement der diplomatischen Vertretung Israels in Genf.