UNO-Weltwirtschaftsbericht 1999: Langsames Wirtschaftswachstum gefährdet die Armen

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NEW YORK, 1. Juli 1999 – Trotz der Erholung der Weltfinanzmärkte befindet sich die Weltwirtschaft in einer Phase des langsamen Wachstums, die am Lebensstandard der ohnehin schon schwer betroffenen Entwicklungsländern und der Länder mit Übergangswirtschaft zehrt. Dies geht aus einem heute in New York veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen hervor.

Die Vereinten Nationen rechnen für 1999 mit einem Weltwirtschaftswachstum von nur zwei Prozent. Die Schätzungen für 1998 lagen bei 1,9 %. Die Wachstumsraten in den Entwicklungsländern liegen mit 1,7 % für 1998 und 2,5 % für 1999 wesentlich unter dem Niveau aller anderen Jahre des laufenden Jahrzehnts. Die Länder mit Übergangswirtschaft, die nach einem dramatischen Wirtschaftseinbruch in den frühen 90er Jahren 1997 noch ein durchschnittliches Wachstum von 2,4 % erreichten, haben diese Dynamik wieder eingebüßt und müssen für 1999 mit einem weiteren Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung um 0,5 % rechnen.

Der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, Nitin Desai, der den Bericht über „Die Weltwirtschaft im Jahre 1999“ heute auf einer Pressekonferenz in New York vorstellen wird, sagte dazu, daß „die Finanzkrisen der beiden letzten Jahre und die anschließende Verlangsamung des Wirtschaftswachstums den Aussichten für die Weltentwicklung einen herben Schlag versetzt haben“.

Der Bericht geht davon aus, daß die wirtschaftliche Produktion pro Person umrund 3 % pro Jahr wachsen muß, um Fortschritte bei der Hebung des Lebensstandards und der Verringerung der Armut möglich zu machen. Nur 13 Entwicklungsländer dürften nach den vorliegenden Schätzungen ein ausreichendes Wachstum erzielen, um diese Marke 1999 zu erreichen. 1996 gelang dies immerhin noch 39 Entwicklungsländern. Und in 32 Ländern, in denen nahezu 20 % der Bevölkerung aller Entwicklungsländer lebt, dürfte die Pro-Kopf-Produktion 1999 sinken.

Das internationale Wirtschaftsumfeld verschärft die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Erholung noch weiter, heißt es in dem Bericht. Der Dollarwert des Welthandels ging 1998 erstmals in diesem Jahrzehnt zurück. Die Rohstoffpreise blieben niedrig und die Entwicklungsländer wie die Staaten mit Übergangswirtschaft mußten enorme Verluste beim Nettokapitalfluß hinnehmen. In Süd- und Ostasien kam es zu einer Umkehr des Nettokapitalflusses bei allen Finanztransfers (Kredite, Investitionen, Wirtschaftshilfe, Zinsen). Der 1996 erzielte Nettokapitalzufluß von 31 Milliarden Dollar verkehrte sich 1998 zu einem Nettokapitalabfluß von mehr als 110 Milliarden Dollar.

Der UNO-Bericht wird am 5. Juli der hochrangigen Tagung des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC) in Genf vorgelegt. Neben den Vertretern der Mitgliedstaaten werden an dieser Tagung auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der Verwaltungsdirektor des Internationalen Währungsfonds (IMF), Michel Camdessus, Weltbank-Präsident James Wolfensohn, der amtierende Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), David Hartridge, und der Generalsekretär der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD), Rubens Ricupero teilnehmen.

Der Weltwirtschaftsbericht der Vereinten Nationen folgt einem Schreiben, das Generalsekretär Annan im Juni an das G-8 Gipfeltreffen in Köln gerichtet hat. Darin rief der Generalsekretär die führenden Industriestaaten der Welt auf, Maßnahmen zur Ankurbelung des Weltwirtschaftswachstums zu treffen, die internationalen Finanzstrukturen zu stützen und den Bedürfnissen der Armen verstärkt Rechnung zu tragen.

Eine Ergänzungsstudie zu „Die Weltwirtschaft im Jahre 1999“, die sich mit der Entwicklungsfinanzierung zu Beginn des neuen Jahrhunderts befassen wird, soll zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr erscheinen.

Wachstum der Weltproduktion und des Welthandels, 1981-1999
(jährliche Veränderungen in Prozent)

  1981-1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996

1997

1998(a)

1999(b)

Weltproduktion (c)

2,7

0,9

1,9

1,5

3,1

2,7

3,5

3,4

1,9

2,0

Industrieländer

2,9

0,8

1,6

0,8

2,6

2,2

3,0

2,8

2,0

1,75

Übergangswirtschaft

1,5

-8,6

-10,5

-6,1

-5,1

0,6

0,7

2,4

0,2

-0,5

Entwicklungsländer

2,4

3,2

5,0

5,2

5,7

4,8

5,7

5,5

1,7

2,5

 

Quelle: UN/DESA
(a) teilweise geschätzt
(b) Prognose, zum Teil auf der Grundlage des Projekts LINK
(c) Errechnet als gewogener Durchschnittswert der einzelnen Länderwachstumsraten des Bruttosozialprodukts auf der Grundlage der Preise und Wechselkurse von 1993.

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Für weitere Informationen zum Weltwirtschaftsbericht wenden Sie sich bitte an: Tim Wall, Abteilung Entwicklung und Menschenrechte, Hauptabteilung der Vereinten Nationen für Presse und Information (UN/DPI), Tel.: (+1-212) 963-5851; E-mail: [email protected].