Kurzdossier: Tourismus und COVID-19

Die Dringlichkeit Millionen von Existenzgrundlagen aufrechtzuerhalten und die Möglichkeit der Transformation (1)

Das Kurzdossier „Tourismus und COVID-19“ befasst sich mit den Folgen der Pandemie auf den Tourismussektor, wobei der Schwerpunkt auf den Lebensgrundlagen in allen Weltregionen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien sowie auf den Bemühungen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung liegt. Auf der Grundlage der neuesten Daten der Welttourismusorganisation (UNWTO) werden die wahrscheinlichen Folgen der Pandemie auf den globalen Tourismus und die möglichen Folgen für Arbeitsplätze, Lebensgrundlagen und wirtschaftliche Entwicklung dargelegt. Gleichzeitig gibt dieses Dossier einen Überblick über die Rolle, die der Tourismus bei der Förderung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) spielt, einschließlich derjenigen, die sich auf die Gleichstellung der Geschlechter, die Inklusivität und die Erhaltung des Natur- und Kulturerbes beziehen. Es enthält auch Beispiele von Regierungen, die Arbeitsplätze im Tourismus, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Kultur sowie Maßnahmen für die sichere Wiederaufnahme des Tourismus unterstützen. Schließlich enthält das Dossier Empfehlungen für politische Entscheidungsträger, wobei der Schwerpunkt auf der Rolle von Innovation, Digitalisierung, Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit liegt.

Auswirkungen von COVID-19 auf den Tourismus: Beispiellos und einmalig

– Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren der Welt. Er ist die drittgrößte Exportkategorie (nach Kraftstoffen und Chemikalien) und machte 2019 7% des Welthandels aus. (2)

– Im Jahr 2019 erreichte die Zahl der internationalen Touristenankünfte nach einem Jahrzehnt ungebrochenen Wachstums 1,5 Milliarden. (3) Bis Anfang 2020 hatten alle Weltregionen ein solides Wachstum verzeichnet. Weitere neun Milliarden Menschen reisten in ihre Länder.

– Weltweit sichert der Tourismus jeden zehnten Arbeitsplatz und bietet vielen Millionen Menschen sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern eine Existenzgrundlage. Allein in Europa unterstützt der Tourismus 27 Millionen Arbeitsplätze und Millionen von Unternehmen. In einigen kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern (Small Island Developing States, SIDS) hat der Tourismus bis zu 80 % der Exporte ausgemacht, während er auch wichtige Anteile der Volkswirtschaften ausmacht, was seine Bedeutung auf allen Ebenen der wirtschaftlichen Entwicklung widerspiegelt – zum Beispiel in Deutschland (3,9 %), Frankreich (7,4 %) oder Spanien (11,8 %). (4)

– Der Tourismus war einer der am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Sektoren. Die Krise ist in Umfang und Breite beispiellos, wobei alle Teile ihrer riesigen Wertschöpfungskette betroffen sind.

Massive Auswirkungen auf Volkswirtschaften und Lebensgrundlagen

– Im Jahr 2020 könnten die internationalen Touristenankünfte um 58 bis 78 % zurückgehen, was bis zu 100 Millionen direkte Arbeitsplätze im Tourismus gefährden würde. (5) Kleine Unternehmen (die 80% des weltweiten Tourismus schultern) sind besonders gefährdet.

– Die Ausgaben für den Tourismus könnten im Jahr 2020 um 910 Milliarden US-Dollar – 1,2 Billionen US-Dollar zurückgehen. (6)

– Dieser massive Schock für den internationalen und nationalen Tourismus wird weitreichendere Auswirkungen haben und könnte das globale BIP um 1,5% – 2,8% verringern. (7)

– Am stärksten gefährdet sind Frauen und Jugendliche (15 – 24 Jahre), die in diesem Sektor am stärksten vertretenen Gruppen und Arbeitnehmer in der informellen Wirtschaft. (8)

– Keine Nation wird davon unberührt bleiben. Reiseziele, die in Bezug auf Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum am stärksten auf den Tourismus angewiesen sind, werden wahrscheinlich am härtesten betroffen sein: SIDS und die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) in jeder Weltregion sind auch am wenigsten darauf vorbereitet, den Schock zu absorbieren. Es wird prognostiziert, dass die globalen Ströme ausländischer Direktinvestitionen bis 2020 um bis zu 40% zurückgehen werden. (9) Gleichzeitig werden auch die Industrieländer davon betroffen sein.

Den Planeten erhalten – Auswirkungen auf Natur und Kultur mildern

– Der plötzliche Rückgang der touristischen Nachfrage unterbricht die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen. 7% des Welttourismus entfallen auf den Wildtiertourismus, ein Segment, das jährlich um 3% wächst.

– Dies gefährdet auch Arbeitsplätze in Gemeinden in der Umgebung geschützter Lebensräume. Dies hat zu einem Anstieg der Wilderei, Plünderung und des Konsums von Buschfleisch geführt.

– Die Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen der Nationen sind besonders kritisch in SIDS und LDCs. In vielen afrikanischen Reisezielen machen Wildtiere bis zu 80% der Besuche aus, und in vielen SIDS haben die Einnahmen aus dem Tourismus auch die Bemühungen zum Schutz der Meere finanziert.

– 90% der Länder haben Welterbestätten geschlossen, mit sozioökonomischen Folgen für die vom Tourismus abhängigen Gemeinschaften. Darüber hinaus wurden 90 % der Museen während der Krise geschlossen und 13 % werden möglicherweise nie wieder geöffnet.

Fünf Prioritäten für den Neubeginn des Tourismus

  1. Milderung der sozioökonomischen Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen, insbesondere auf die Beschäftigung von Frauen und die wirtschaftliche Sicherheit.
  2. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit, unter anderem durch Diversifizierung, nach Möglichkeit mit der Förderung des inländischen und regionalen Tourismus und der Erleichterung eines günstigen Geschäftsumfelds für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen.
  3. Förderung der Innovation und der digitalen Umwandlung des Tourismus, einschließlich der Förderung von Innovation und Investitionen in digitale Fertigkeiten, insbesondere für Arbeitnehmer, die vorübergehend ohne Beschäftigung sind und für Arbeitssuchende.
  4. Förderung von Nachhaltigkeit und grünem Wachstum, um den Wandel hin zu einem widerstandsfähigen, wettbewerbsfähigen, ressourceneffizienten und kohlenstoffneutralen Tourismussektor zu bewältigen.
  5. Koordination und Partnerschaften zur Wiederbelebung und Umgestaltung des Sektors im Hinblick auf das Erreichen der SDGs, um sicherzustellen, dass die Wiederbelebung und Erholung des Tourismus den Menschen in den Mittelpunkt stellt und um zusammenzuarbeiten, um Reisebeschränkungen auf verantwortungsvolle und koordinierte Weise zu lockern und aufzuheben.

 Gemeinsam vorankommen

– Neben den oben genannten fünf Prioritäten betont die UNWTO die Bedeutung einer kontinuierlichen Koordination und Zusammenarbeit auf allen Ebenen.

– Unter Betonung des Leitprinzips „Gemeinsam stärker“ hat die Führung der UNWTO vor den kurz- und langfristigen Folgen einseitiger Entscheidungen der Regierungen gewarnt, einschliesslich der potentiell negativen Auswirkungen auf breitere Erholungsbemühungen und auf das Vertrauen der Konsumenten und das Vertrauen in den internationalen Tourismus.

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1 UNWTO ist die Hauptquelle mit Beiträgen von ICAO, ILO, IMO, ITC, UNCTAD, UN DESA, UNDP, UNESCO, UNEP, UN EOSG, UN Women, WHO, WTO und CLIA

2 World Tourism Organization (UNWTO), 2020

3 UNWTO, 2020

4 UNWTO, 2020

5 UNWTO, 2020

6 UNWTO, 2020

7 United Nations Commission for Trade and Development (UNCTAD), 2020

8 International Labour Organisation (ILO), 2020

9 UNCTAD, 2020

10 United Nations Education, Scientific and Cultural Organization (UNESCO), 2020