UN besorgt über Taliban-Verbrechen in Afghanistan

Seit zehn Monaten herrschen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan, und seither haben sie nach Angaben der Vereinten Nationen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen. Vor allem ehemalige Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsmitarbeiter, Medienschaffende sowie Aktivistinnen und Aktivisten seien in Gefahr, heißt es in einem in der Hauptstadt Kabul veröffentlichten Bericht der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA).

Der UN-Sonderbeauftragte für das Land, Markus Potzel, sprach bei einer Pressekonferenz in Kabul von „äußerst schwerwiegenden“ Ergebnissen des Berichtes. Er rief die Taliban auf, die Menschenrechte aller Afghaninnen und Afghanen zu schützen und zu fördern.

Folter, Misshandlung und willkürliche Festnahmen

In dem Papier dokumentieren die UN zwischen dem 15. August 2021 und dem 15. Juni 2022 insgesamt 160 außergerichtliche Hinrichtungen ehemaliger Sicherheitskräfte und Regierungsmitarbeiter durch die De-facto-Behörden der Taliban. Auch Verwandte von Personen, die für die frühere Regierung gearbeitet hatten, sind demnach gefährde

Ferner werden in dem Papier 56 mutmaßliche Fälle von Folter und Misshandlung aufgelistet sowie mehr als 170 willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen ehemaliger Regierungsbeamter und Mitglieder der Sicherheitskräfte.

Der UN-Bericht verzeichnet auch 87 mutmaßliche Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, darunter Mord, Vergewaltigung, Zwangsheirat, Kinderehe und Körperverletzungen. Seit ihrer Rückkehr an die Macht haben die Radikalislamisten die Rechte der Frauen drastisch beschnitten. Entgegen ihrer Versprechen schlossen die Taliban Mädchenschulen ab der 7. Klasse.

Auch gebe es immer wieder Gewalt gegen Frauen, etwa wenn sie ohne einen männlichen Begleiter ihr Haus verlassen, hält der UN-Bericht fest. Vor allem Frauen und Mädchen würden ihre Menschenrechte vorenthalten, sagte Potzel.

Die Taliban hatten kurz vor dem Abzug aller internationalen Truppen im vergangenen Jahr Mitte August Kabul erobert. Sie gaben vage Zusagen, die Menschenrechte zu achten, die Pressefreiheit zu wahren und versprachen eine Generalamnestie für Mitarbeiter der Regierung und Sicherheitskräfte.

Auch die humanitäre Situation in dem Land am Hindukusch hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. 95 Prozent der schätzungsweise 39 Millionen Einwohner Afghanistans haben laut UN nicht genug zu essen.