Ukraine: Steigende Not bei Vorbereitungen auf nahenden Winter

© UNICEF/Siegfried Modola

Die anhaltenden Angriffe auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine haben zu einem sprunghaften Anstieg des Bedarfs an humanitärer Hilfe geführt, sagte die oberste UN-Beauftragte für humanitäre Hilfe in der Ukraine am Montag.

Denise Brown, UN-Nothilfekoordinatorin in der Ukraine, sprach gestern bei einer Pressekonferenz im UN-Hauptsitz in New York und sagte, dass Mittel vor allem für die Vorbereitung auf den nahenden Winter benötigt würden. „Es ist fast August, und in der Ukraine wird es sehr früh kalt“, so Brown und drängte auf eine Aufstockung der Mittel, um die Hilfe für die Bedürftigen sicher stellen zu können.

Humanitäre Helfer seien aktuell dabei, Decken, Brennstoffe, Öfen und Wärmedämmung an die im letzten Winter beschädigten Häuser und ihre Bewohner zu verteilen und so Vorbereitungen für den Winter zu treffen.

„Zu den Schäden, die wir bisher zu bewältigen hatten, sind noch weitere hinzugekommen“, schilderte Brown und verwies auf den erhöhten Bedarf infolge der Zerstörung des Kachowka-Damms und der Angriffe auf größere Städte.

Angriffe auf zivile Infrastruktur in Odessa

„Odessa ist ein sehr wichtiger Knotenpunkt für die Vereinten Nationen und die humanitäre Gemeinschaft“, sagte sie und berichtete von ihrer Reise nach Odessa, wo in der vergangenen Woche mehrere Orte von Luftangriffen betroffen waren, und wies darauf hin, dass von hier aus die Hilfsgüter in die bedürftigen Gebiete verteilt würden.

Sie habe unter anderem die Verklärungskathedrale besucht, ein jahrhundertealtes Bauwerk, das auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO stehe und bei einem Angriff am 23. Juli schwer beschädigt wurde. Die Kathedrale verfüge über einen Bunker – als die Luftschutzsirenen losgingen, hätten viele Menschen aus der Nachbarschaft dort Schutz gesucht, „ohne zu ahnen, dass die Kathedrale getroffen werden würde“, so Brown.

Brown habe auch den Hafen von Odessa besucht, der bei einem Angriff beschädigt wurde. Der Angriff erfolgte, nachdem Russland sein Engagement im Rahmen der Schwarzmeer-Initiative beendet hatte, die zusammen mit einem parallelen Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und Russland für die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln von entscheidender Bedeutung war.

„Der Hafen ist eine zivile Infrastruktur, das ist der wichtige Punkt. Ob es nun die Kathedrale oder der Hafen ist, es handelt sich um zivile Infrastruktur, die für Zivilisten und zivile Zwecke genutzt wird“, erklärte sie.

Humanitärer Hilfsplan nur zu 30 Prozent finanziert

Anfang dieses Jahres haben die Vereinten Nationen den 3,9 Milliarden Dollar umfassenden Plan für humanitäre Hilfe für das Jahr 2023 vorgelegt. Der Plan sieht vor, 11,1 Millionen Menschen in der Ukraine zu unterstützen.

Bis Ende Juli sei jedoch nur etwa 30 Prozent der vorgesehenen Summe aufgebracht worden. Der Bedarf im Land steige weiter, sagte Brown und verwies auf die „völlig unerwartete“ Zerstörung des Kakhovka-Damms, die zu zusätzlichem Bedarf geführt habe.

„Die humanitäre Situation hat sich nicht geändert, der Krieg geht weiter, und er verschärft sich, und damit auch der Bedarf. Der einzige Weg, dies zu ändern, ist die Beendigung des Krieges“, sagte sie abschließend.