Schwangere Frauen machen sich Sorgen um die Geburt während der Pandemie. Hebammen setzen sich für sie ein – aus der Distanz.

Während Krankenschwestern und Ärzte an vorderster Front die COVID-19-Pandemie bekämpfen, kümmern sich andere Gesundheitshelfer weiterhin um Patienten, die nicht mit dem Virus infiziert sind. Dazu mussten sie ihre Arbeitsweise anpassen und stehen vor neuen Hürden. Insbesondere Hebammen mussten überdenken, wie sie schwangere Frauen in einer Zeit unterstützen können, in der sie in einigen Ländern nicht einmal in ihrer unmittelbaren physischen Nähe sein dürfen.

In diesem Jahr, dem internationalen Jahr der Krankenschwester und der Hebamme, sind diese beiden Berufsgruppen nach wie vor unverzichtbar. Sie stehen zudem vor extremen Herausforderungen. UNRIC hat bereits mit Krankenschwestern in Westeuropa gesprochen, um herauszufinden, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen. Jetzt untersuchten wir, wie Hebammen ihre Arbeitsweise ändern mussten, um die Versorgung werdender Mütter während der Pandemie aufrechtzuerhalten.

Emotionale Unterstützung für schwangere Frauen

Obwohl die WHO sagt, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Risiko einer schwereren Erkrankung bei einer Infektion erhöht ist oder dass das Virus auf das Kind im Mutterleib übertragen werden kann, sind Frauen in ganz Europa besorgt über ihre Schwangerschaft und die Aussicht auf eine Geburt während der Pandemie. Viele Gedanken gehen ihnen durch den Kopf: Muss ich länger warten, um ins Krankenhaus zu gelangen? Darf der Vater des Kindes anwesend sein?

Tatsächlich sind viele Frauen so besorgt, dass sie sogar die Geburt in einem Krankenhaus überdenken. Wie die Flämische Berufsorganisation der Hebammen (VLOV) beispielsweise berichtet, entscheiden sich mehr schwangere Frauen in Belgien für die Geburt zu Hause.

Ihre Bedenken sind nicht unbegründet. Obwohl die Bedingungen von Land zu Land unterschiedlich sind, gelten überall neue Beschränkungen. In Deutschland haben einige Krankenhäuser Partnern verboten, bei Geburten anwesend zu sein, und Frauen werden viel früher als gewöhnlich entlassen, nur wenige Stunden nach der Geburt. In Irland, Großbritannien und Frankreich darf nur eine Person die gebärende Frau begleiten. Besuche sind in fast allen Ländern verboten.

Hebammen sagen, dass dies auch ihre Arbeit erschwert, da sie gelegentlich vom Partner der Mutter abhängig sind. Sie können den Rücken der Mutter massieren, ihr einen kalten Waschlappen auf die Stirn legen und ihr eine Tasse Tee holen. Vor allem sind sie an ihrer Seite.

Die Sorge, allein zu gebären, nehmen Hebammen sehr ernst. Mehr als gewöhnlich haben sie das Gefühl, dass ihre Aufgabe auch darin besteht, schwangeren Frauen sowie Frauen mit Neugeborenen emotionale Unterstützung zu bieten, und das in einer Zeit, in der sie aufgefordert werden, den körperlichen Kontakt auf ein Minimum zu beschränken. „Ich finde das schwierig, weil ich die persönliche Interaktion mit Frauen schätze“, sagt eine irische Hebamme. Stattdessen telefonieren sie jetzt häufiger oder hinterlassen Sprachnachrichten, um den Kontakt aufrechtzuerhalten.

Kreative Lösungen

Neben häufigeren Anrufen machen Hebammen auch auf andere Weisen nun mehr von Technologie von Gebrauch. Da vorgeburtliche Kurse nicht mehr stattfinden können, entwickeln Hebammen in ganz Europa neue Wege, um Frauen auf die Geburt vorzubereiten.

Durch Videoaufnahmen mit Puppen zeigen sie zukünftigen Eltern, wie sie Babys positionieren und massieren können, um ihre Bauchschmerzen zu lindern. Andere berichten, dass sie Gruppenunterricht zur Geburtsvorbereitung über Live-Streams geben.

Wo Partner jetzt bei der Geburt tatsächlich nicht anwesend sein dürfen, können Hebammen einen Videoanruf zwischen der werdenden Mutter und ihrem Partner einrichten. Dies ermöglicht es ihnen, mit der Mutter während den Wehen zu sprechen und sie zu beruhigen, sowie den ersten Schrei des Kindes virtuell zu hören.

In Deutschland gründete eine junge Frau ein Start-up zu einer Zeit, in der die meisten Unternehmen ihre Aktivitäten reduzieren oder sie ganz schließen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hebammenverband (DHV) hat sie eine digitale Plattform eingerichtet, um selbständige Hebammen mit werdenden Müttern zu verbinden. Insbesondere diejenigen, die sich in einem Stadium befinden, in dem sie normalerweise eine Hebamme persönlich aufsuchen würden, werden aufgefordert, die Plattform zu nutzen, um online eine zu finden.

Auch Hebammen brauchen Unterstützung

Aber wie viele betonen, werden Hebammen, während sie zusätzliche Anstrengungen unternehmen, selbst im Stich gelassen. „Es besteht kein Zweifel darin, dass diejenigen, die in der Mutterschaftsfürsorge arbeiten, alles tun, um Mütter und Neugeborene bestmöglich zu unterstützen, aber auch die Fachkräfte für Mutterschaftsfürsorge müssen unterstützt werden“, sagt Joeri Vermeulen von dem Europäischen Verband für Hebammen.

Wie andere Gesundheitshelfer haben sie mit dem Mangel an persönlicher Schutzausrüstung zu kämpfen, den sie zu ihrem eigenen Schutz und dem der Frauen, die sie betreuen, brauchen. Zusammen mit elf anderen europäischen Gesundheitsverbänden fordert der Europäische Verband für Hebammen die Behörden daher nachdrücklich auf, den Schutz der Arbeiter an vorderster Front der COVID-19-Bekämpfun zu garantieren.

In Irland und Großbritannien wurden einige Hebammen in andere Bereiche des Krankenhauses versetzt, auch auf Intensivstationen. Infolgedessen ist in Großbritannien ein Fünftel der von Hebammen geführten Entbindungsstationen geschlossen. Während sie die Notwendigkeit dieses Schrittes verstehen, äußern Hebammen ihre Besorgnis, dass sie möglicherweise nicht in der Nähe sein werden, wenn es während einer Schwangerschaft zu Komplikationen kommt, oder um die werdenden Mütter zu unterstützen, die sich auf sie verlassen.

Offensichtlich hat sich die Arbeit der Hebammen innerhalb weniger Wochen dramatisch verändert. Ihre Arbeitsmoral jedoch nicht. Die Pandemie hält sie nicht davon ab, schwangere Frauen mit Kreativität und Entschlossenheit so gut wie möglich zu unterstützen.