Bekämpfung von Desinformation auf digitalen Plattformen: Fachdiskussion zwischen EU und UN

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Die Europäische Union (EU) und die Vereinten Nationen (UN) sind heute zusammengekommen, um im Rahmen der Stakeholder-Veranstaltung zum Digital Services Act zu erörtern, wie neue EU-Vorschriften für soziale Medien ein sicheres und offeneres digitales Umfeld innerhalb der EU – und darüber hinaus – fördern können.

Podiumsteilnehmende und Publikum diskutierten, was die jüngsten Entwicklungen im EU-Gesetz über digitale Dienste für andere Rechtssysteme in der Welt bedeuten. Die Podiumsdiskussion wurde von UN-Untergeneralsekretärin für globale Kommunikation Melissa Fleming moderiert.

„Bei den Vereinten Nationen sind wir ermutigt zu sehen, dass die EU bei diesem Thema über Europa hinausblickt“, sagte Fleming bei der Eröffnung der Diskussion des Workshops. „Die Auswirkungen sind bereits weltweit zu spüren – noch bevor sie in Kraft treten. Wir können davon ausgehen, dass dieses Gesetz de facto einen neuen globalen Regulierungsmaßstab setzen wird.“

Von Nutzen zu Missbrauch

Digitale Plattformen hätten viele Vorteile gebracht: Sie hätten Gemeinschaften in Krisenzeiten unterstützt, marginalisierten Stimmen Gehör verschafft und dazu beigetragen, globale Bewegungen für Rassengerechtigkeit und Geschlechtergleichstellung zu mobilisieren. Doch dieselben digitalen Plattformen würden auch missbraucht, um die Wissenschaft zu untergraben, Desinformationen und Hass an Milliarden von Menschen zu verbreiten, Konflikte zu schüren, Demokratie und Menschenrechte zu bedrohen und die öffentliche Gesundheit und Klimaschutzmaßnahmen zu untergraben, so das Panel.

Laut UN-Generalsekretär António Guterres „stellt die Fähigkeit, Desinformationen im großen Stil zu verbreiten und wissenschaftlich gesicherte Fakten zu untergraben, ein existenzielles Risiko für die Menschheit dar.“

Konzertierte internationale Reaktion

Während der Podiumsdiskussion verwies Fleming auf den Policy Brief des UN-Generalsekretärs zur Informationsintegrität auf digitalen Plattformen, der Anfang des Monats veröffentlicht wurde und einen Rahmen für eine konzertierte internationale Reaktion auf die Verbreitung von Hass und Lügen im digitalen Raum durch einen Verhaltenskodex vorschlägt.

Das Strategiepapier richtet sich an Regierungen, Technologieunternehmen, digitale Plattformen, Werbetreibende und andere Interessengruppen und enthält Vorschläge, um den digitalen Raum sicherer und inklusiver zu machen und gleichzeitig die Menschenrechte energisch zu schützen.

Code of Conduct

Der Policy Brief werde in einen Code of Conduct (Verhaltenskodex) für Informationsintegrität auf digitalen Plattformen einfließen, den die Vereinten Nationen im Vorfeld des Summits of the Future im nächsten Jahr entwickeln, so Fleming.

Dieser Verhaltenskodex werde eine robuste Antwort für einen humaneren digitalen Raum. Wie der EU-Gesetzentwurf für digitale Dienste, verlange auch der UN-Ansatz sinnvolle Änderungen von den Plattformen, einschließlich der Verpflichtung, sich von schädlichen Geschäftsmodellen zu lösen, bei denen Engagement Vorrang vor Menschenrechten, Privatsphäre und Sicherheit habe.

Der Verhaltenskodex werde auf globaler Forschung beruhen, für die die UN die akademische Gemeinschaft einbezieht. Er werde länderspezifische und regionale bewährte Verfahren sowie zukunftssichere Lösungen für aktuelle und künftige Themen wie künstliche Intelligenz enthalten.

„Der Verhaltenskodex, der jetzt entwickelt wird, wird die Situation in jedem Land der Welt berücksichtigen. Wir werden nicht in der Lage sein, die Unternehmen zu bestrafen, aber wir glauben, dass wir eine ziemlich große moralische Autorität haben“, sagte Fleming während ihrer Moderation.

Ausstrahlungseffekte 

Die Diskussionsteilnehmenden der heutigen Veranstaltung waren sich einig, dass das Problem gemeinsam und global aus möglichst vielen Blickwinkeln angegangen werden müsse. Es sei eine Gratwanderung, die Menschenrechte und den Zugang zu Informationen zu schützen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass jeder vor den gefährlichen Auswirkungen von Desinformation geschützt sei.

„Unser Weg in die Zukunft muss auf den Menschenrechten basieren, mehrere Interessengruppen einbeziehen und mehrdimensional sein“, so Fleming. „Wir sollten alle sehr positiv über dieses monumentale Stück Gesetzgebung denken, das die Art und Weise, wie wir auf Social Media Plattformen existieren, verändern könnte“, schloss sie den Workshop.

 

Die Podiumsdiskussion war Teil eines ganzen Tages, der von der Europäischen Kommission organisiert wurde und Workshops, Vernetzungsmöglichkeiten und Diskussionen zu den Themen des Rechtsakts für digitale Dienste umfasste. An der Veranstaltung nahmen rund 1600 Personen in Brüssel und online teil.

Zu den Rednern der Podiumsdiskussion gehörten Guilherme Canela De Souza Godoi, Leiter der Abteilung für Meinungsfreiheit und Sicherheit von Journalisten bei der UNESCO, Helani Galpaya, CEO von LIRNEasia, Gerard de Graaf, leitender EU-Gesandter in den USA, Europäische Kommission, und Jens Pruefer, Professor an der University of East Anglia und Observatorium für die Online-Plattformwirtschaft.

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