Ukraine-Krieg: Schwere Vorwürfe gegen Russland wegen Kriegsverbrechen

Die UN-Untersuchungskommission zum Ukraine-Krieg erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland. Die russischen Streitkräfte hätten nach ihrem Überfall auf das Land eine große Zahl von Kriegsverbrechen verübt, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Erik Möse, in Genf.

Möse und sein Team stellten einen Bericht vor, in dem Straftaten Russlands aufgelistet sind. Darunter befinden sich Angriffe auf Zivilisten und die Energieinfrastruktur, vorsätzliche Tötungen, ungesetzliche Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt sowie Deportationen und Verschleppungen von Kindern aus der Ukraine nach Russland.

Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland

Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt. Das vom UN-Menschenrechtsrat zusammengestellte Ermittlerteam gab an, die Zahlen nicht verifizieren zu können. Es verwies aber auf Hinweise, wonach russische Behörden ukrainische Kinder in Kinderheimen oder Pflegefamilien unterbringen und ihnen die russische Staatsbürgerschaft verleihen.

Unter anderem habe der russische Präsident Wladimir Putin einen Erlass unterzeichnet, wonach Kinder unter bestimmten Bedingen in vereinfachtem Verfahren russische Staatsbürger werden können. Die Experten untersuchten nach eigenen Angaben detailliert einen Fall, in dem 164 Kinder und Jugendliche zwischen vier und 18 Jahren aus den ukrainischen Regionen Donezk, Charkiw und Cherson deportiert wurden.

Den Eltern und den Kindern selbst sei von den russischen Sozialbehörden mitgeteilt worden, dass die Kinder in Pflegefamilien kommen oder adoptiert werden sollten. Die Kinder hätten Furcht gehabt, dauerhaft von ihren Familien getrennt zu werden.

Die Kommission des UN-Menschenrechtsrats empfahl, alle Verstöße und Verbrechen weiter zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Liste mit mutmaßlichen Kriegsverbrechern werde an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte übergeben. Die Opfer hätten ein Recht auf Wahrheit und Wiedergutmachung.

Die Angriffswellen der russischen Streitkräfte auf die energiebezogene Infrastruktur der Ukraine ab dem 10. Oktober 2022 könnten nach Ansicht der Kommission auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die Unterbrechung der energiebezogenen Infrastruktur habe dazu geführt, dass ganze Regionen und Millionen von Menschen zeitweise ohne Strom und Heizung waren.

Die russische Armee habe bewohnte Gebiete mit Explosivwaffen angegriffen und „dabei offensichtlich keine Rücksicht auf Schäden und Leiden der Zivilbevölkerung genommen“, heißt es in dem Bericht. Die Angriffe seien „wahllos und unverhältnismäßig“. Bei Explosivwaffen handelt es sich um verschiedene Munitionsarten wie Artilleriegeschosse oder Raketen.

Auch Vorwürfe gegen ukrainische Truppen

Die Ermittler dokumentierten auch Fälle von Kriegsverbrechen durch ukrainische Streitkräfte: So seien in zwei Fällen russische Kriegsgefangene gefoltert und erschossen worden.

Für den Report besuchten die Ermittler nach eigenen Angaben 56 Städte, Dörfer sowie Siedlungen und untersuchten Gräber, Orte der Zerstörung, Gefangennahme und Folter sowie Überreste von Waffen. Sie befragten fast 600 Menschen und zogen für ihre Untersuchung verschiedene Dokumente, Fotos, Satellitenbilder und Videos zurate.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte die Kommission im März 2022 eingesetzt. Die drei Mitglieder der Kommission sind unabhängige Menschenrechtsexperten.